Internationalist_innen in Rojava rufen die Jugend auf, sich dem Widerstand in Bakûr anzuschließen

Internationalist_innen

Internationalist_innen in Rojava | Foto: ANF

Internationalistische Kämpfer_innen aus den Reihen der YPG (Yekîneyên Parastina Gel – Volksverteidigungseinheiten) und YPJ (Yekîneyên Parastina Jin – Frauenverteidigungseinheiten) haben eine Erklärung veröffentlicht, in der sie den Widerstand in Bakûr (Nordkurdistan) grüßen. Die Revolutionär_innen rufen die Jugend auf, sich dem Widerstand der YPS (Yekîneyên Parastina Sivîl – Zivilverteidigungseinheiten) und YPS-Jin (Yekîneyên Parastina Sivîl-Jin – Zivile Frauenverteidigungseinheiten), sowie den Guerillakräften HPG (Hêzên Parastina Gel – Volksverteidigungskräfte) und YJA-Star (Yekîtîya Jinên Azad-Star – Verband der freien Frauen-Star) anzuschließen.

Die Pressekonferenz der internationalen Kämpfer_innen wurde an der Grenze zwischen den Städten Qamişlo in Rojava und Nisêbîn (türk. Nusaybin) in Bakûr abgehalten. Die Erklärung auf Kurdisch, Spanisch, Deutsch und Englisch ruft alle Jugendlichen weltweit auf die Revolution in Kurdistan zu unterstützen.

Die Presseerklärung der deutschen, französischen und spanischen Revolutionär_innen lautet wie folgt:

„Wir sind Revolutionär_innen aus aller Welt, die aus ihrem eigenen Willen nach Kurdistan gekommen sind, um sich dem Kampf für die Befreiung anzuschließen.

Wir leben in einer Zeit des anhaltenden Krise. Während im Herzen des Leviathans der Feind die Menschen weiterhin auf gründlichste und schlechteste Weise abstumpfen lässt, sie betäubt und versklavt, gehen die Schranken im Krieg verloren. Heute lebt die Unterdrückung von 500 Jahren Kapitalismus in unzähligen Formen.

Die Herrschenden kennen keine Grenzen, wenn es darum geht ihren Reichtum zu sichern und ihre Interessen zu verfolgen. Wenn wir auch nur auf die Nachrichten eines einzigen Tages blicken, fällt es leicht in Verzweiflung zu versinken. Und das ist genau der Punkt. Wir sollen glauben, dass es keine Alternative gibt, dass das System, in dem wir leben, die einzige Wahl ist.

Als die Sowjetunion zusammengebrochen ist, wurde gesagt, dass wir „am Ende der Geschichte“ angekommen sind. Aber nun, 25 Jahre später, sehen wir erneut, dass der Kapitalismus weder im Stande war, noch jemals sein wird, unsere Probleme zu lösen. Im Gegenteil hat er mit jeder so genannten Lösung die Probleme nur multipliziert.

Das System gedeiht auf Unterdrückung. Die Unterdrücker brauchen uns. Sie können ohne uns nicht existieren, aber wir können ohne sie. Sklaverei, Krieg und Leid, Einsamkeit und Verzweiflung sind weder Schicksal noch Zufall, sie sind unvermeindliche Eigenschaften einer kapitalistischen Gesellschaft. Es ist deshalb unsere dringenste Pflicht, sich dagegen zu organisieren. So sehr, sie auch versuchen unser Gewissen zu überwältigen und ihre Wahrheit in unsere Herzen zu pflanzen – wir lassen uns nicht länger täuschen. Die Alternative existiert direkt vor unseren Augen.

Der Widerstand der PKK (Partiya Karkerên Kurdistanê – Arbeiterpartei Kurdistans) gegen die Besatzer, namentlich vor allem gegen den türkischen Staat, besteht seit mehr als 40 Jahren. Die PKK kämpft für die Freiheit und Autonomie, nicht nur der Kurd_innen, sondern für alle Völker des Mittleren Ostens. Vor 4 Jahren entzündete der Funke im westlichen Kurdistan, genannt Rojava, das dann von der syrischen Besatzung befreit wurde. Die Menschen aus Rojava haben sich selbstorganisiert und gemeinsame eine umfassende soziale Revolution geführt. Überall wurden Räte und Kommunen für die lokalen Verwaltungen und Kooperativen gegründet, als Basis für eine neue Wirtschaft. Der historische Widerstand zur Verteidigung der Revolution, der Kampf der Guerilla, die Befreiung der Frau, radikale Demokratie und Ökologie als Fundament einer alternativen Gesellschaft – dies sind unsere Hoffnungen für das 21. Jahrhundert. Wir ziehen Mut und Hoffnung aus der Revolution in Kurdistan.

Die aktuelle Lage ist sehr kritisch. Der Krieg in Nordkurdistan, dem durch die Türkei besetzten Teil, wütet seit einem halben Jahr. Die Angriffe, auf die von der Guerilla kontrollierten Gebiete, durch die türkischen Besatzungstruppen am 24. Juli wurden von den Menschen durch die Deklaration der Demokratischen Autonomie in vielen Gebieten Nordkurdistans beantwortet. Sie bilden Kommunen und Gemeinderäte, so wie in Rojava. Geführt durch die Jugend der YDG-H (Yurtsever Devrimci Gençlik Hareketi – Patriotisch Revolutionäre Jugendbewegung) und der YDG-K (Yurtsever Devrimci Gençlik Kadın – Patriotisch Revolutionäre Frauenbewegung), organisieren die Menschen ihre Selbstverteidigung und errichten Barrikaden in ihren Vierteln. Der türkische Staat sieht dies als eine Bedrohung für seine Autorität, die seit den letzten Jahren sowieso nur noch symbolisch in den kurdischen Gebieten existierte und greift daher mit äußerster Brutalität an.

Seit Monaten widersetzen sich die Menschen nun, allen voran die revolutionäre Jugend, der zweitgrößten Armee der NATO. Die schweren Kämpfe gehen in den Städten Cizîr (türk. Cizre), Silopî (türk. Silopi), Kerboran (türk. Dargeçit), Şirnex (türk. Şırnak), sowie in den Vierteln Sûr (türk. Sur) und Farqîn (türk. Silvan) der Stadt Amed (türk. Diyarbakır) weiter.

Während der Wintermonate schränkt der Schnee den Bewegungsraum der Guerilla stark ein. Das ist der Grund, warum der Feind alles versucht, um den Willen der Menschen vor Beginn des Frühlings zu brechen. In den 90er Jahren hat der Staat tausende von Dörfern niedergebrannt, um die Bevölkerung von der Guerilla zu trennen und die Menschen zur Flucht zu zwingen. Heute versuchen sie es erneut, sie greifen die Menschen mit Panzern, Helikoptern und schwerer Artillerie an.

Täglich gibt es Berichte über Kinder, Jugendliche und ganze Familie, die durch Staatskräfte hingerichtet wurden. Der Staat hat tausende seiner besten Einheiten und schweren Waffen in die kurdischen Regionen entsandt, um den revolutionären Aufstand niederzuschlagen. Die Besatzungstruppen haben Ausgangssperren in allen kurdischen Städten ausgerufen, Wasser und Strom gekappt und streuen weiter anti-kurdische Propaganda, während sie alle türkischen Medienquellen zensieren. Trotz alledem stellen sich die Menschen sämtlichen Einschüchterungsversuchen entgegen, davon zeugen der unerschütterliche Mut und der Willen, die täglich auf den Straßen Nordkurdistans zu sehen sind. Erst vor kurzem wurden die Zivilverteidigungseinheiten YPS/YPS-Jin nach dem Vorbild der YPG/YPJ in Rojava gegründet, um den Widerstand zu unterstützen und zu verteidigen.

Wir gratulieren zur Gründung der YPS/YPS-Jin und senden unsere herzlichsten Grüße und unseren Respekt an die YDG-H/YDG-K. Viele unserer Genoss_innen sind in diesem Kampf gefallen. Ihr Andenken gibt uns Kraft und ihre Opfer werden nicht vergebens sein. Wir werden die Flamme der Revolution mit unserem ganzen Herzen und Geist weitertragen. Unser Platz ist hier, Seite an Seite mit unseren Genoss_innen, kämpfend für ein freies Kurdistan und einen freien Mittleren Osten.

Wir rufen alle Revolutionär_innen weltweit auf – schließt euch dem Widerstand an. Dies ist nicht die Zeit um daheim zu sitzen und zu überlegen was sein könnte. Wir bauen die Zukunft auf und verteidigen sie jetzt. Wir rufen nach Widerstand und Solidarität. Aufstand gegen die imperialistischen Mächte. Greift die Einrichtungen des türkischen Staates überall auf der Welt an. Kommt nach Kurdistan und tretet den Kräften der YPG/YPJ, YPS/YPS-Jin und der Guerilla bei!“

ANF, 14.01.2016, ISKU

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