Dorfschützer und Mitglieder von Spezialeinheiten wollen Dienst quittieren

Türkei – Die „Speziellen Einsatzkräfte“ von Polizei (PÖH) und Jandarma (JÖH) sind aktuell die Hauptakteure des Terrors und der Massaker des türkischen Staates und der AKP. Trotzdem mehren sich in den letzten Tagen Hinweise darauf, dass sie zunehmend demoralisiert sind.

In den letzten Tagen gab es Meldungen, nach denen etwa 1000 Personen der „Speziellen Einsatzkräfte“ um Entlassung aus dem Dienst ersucht hätten. Ihr Ersuchen soll jedoch abgelehnt worden sein.

Die Tageszeitung Cumhuriyet sprach jetzt mit Ahmet Cevat Bayri (ehemaliger Vizechef der Sicherheitskräfte in Personalfragen) und Ercan Taştekin Vorsitzender von GÜSAM (Untersuchungszentrum für Strategie Fragen der Sicherheit). Sie gaben an, dass die Mitglieder der „Speziellen Einsatzkräfte“ kein Vertrauen gegenüber der Regierung hätten und sich zunehmend ausgenutzt fühlen würden. Beide erklärten: „Die Mitglieder der Speziellen Einsatzkräfte gehen davon aus, dass man sie Opfern wird und werden aus den verschiedensten Gründen untauglich für den Einsatz.“

Seit dem letzten halben Jahr reichen auch vermehrt Dorfschützer ihren Rücktritt ein. Zumeist wenn sie dazu Aufgefordert werden, an einer der militärischen Operationen in einer der Städte teilzunehmen. So haben zuletzt in zwei Dörfern von Mêrdîn (Mardin) insgesamt 32 Dorfschützer ihren Rücktritt eingereicht. Eine Woche zuvor hatten 66 Dorfschützer, nachdem man sie aufgefordert hatte an der Militäroperation in Nisêbîn (Nusaybin) teilzunehmen, ihren Rücktritt eingereicht.

Schon am Tag zuvor hatte sich der Abgeordnete der CHP für Dersim, Gürsel Erol, zu den Gefechten der letzten Zeit geäußert. Er erklärte: „Die Regierung hält die Zahl der Toten auf ihrer Seite bewusst gering, damit es in der Gesellschaft nicht zu negativen Reaktionen kommt, während die Anzahl der getöteten PKK’ler bewusst erhöht wird, damit in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass der Kampf gegen den Terrorismus erfolgreich sei. Es gibt Stimmen die sagen, dass zu Tode gekommene Zivilisten zu getöteten PKK‘lern erklärt würden, um die Zahl dieser bewusst zu erhöhen.“ Gürsel Erol weist auch auf den wirtschaftlichen Aspekt des Problems hin. Er erklärte: „In den 32 Jahren, in denen das Problem schon andauert, haben insgesamt 40.000 Menschen, davon 10.000 im öffentlichen Dienst, ihr Leben verloren. „Die Kosten belaufen sich in den 32 Jahren auf etwa 1,5 Trillionen Dollar. Dafür hätte man tausend Brücken über den Bosporus bauen, oder 833 Marmaray (Eisenbahnstrecke mit Tunnel in Istanbul) oder 375 Atatürk-Staudämme bauen können. Auf dem Privatsektor lasten Schulden von insgesamt 700 Milliarden Dollar. Das heißt, wir haben in 32 Jahren doppelt so viel für den Kampf gegen den Terrorismus ausgegeben als unsere In- und Auslandsschulden insgesamt zusammen betragen.“

BestaNûçe, ANF, 05./06.04.2016, ISKU

Dieser Beitrag wurde in Bakur/Nordkurdistan/Südosttürkei, Presse, Türkei veröffentlicht und getaggt , , . Ein Lesezeichen auf das Permalink. setzen. Sowohl Kommentare als auch Trackbacks sind geschlossen.