Weiterer Schritt in Richtung Präsidialdiktatur: Türkisches Parlament akzeptiert neues Immunitätsgesetz

Am 20. Mai passierte das Immunitätsgesetz der AKP das türkische Parlament. Insgesamt 376 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, das in erster Linie gegen die Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) gerichtet ist. Da es sich bei dem Gesetz um eine vorübergehende Verfassungsänderung handelt, waren mindestens 367 Ja-Stimmen für die Verabschiedung des Immunitätsgesetzes notwendig. Das Ergebnis zeigt, neben den Abgeordneten der regierenden AKP und der nationalistischen MHP haben auch Teile der kemalistischen CHP für das Immunitätsgesetz gestimmt. Nur 140 Abgeordnete stimmten gegen die Gesetzesvorlage der AKP.

HDP: Kampf um demokratische Politik findet nicht nur im Parlament statt

In einer ersten Stellungnahme zur verabschiedeten Verfassungsänderung erklärte Ayhan Bilgen, Sprecher der HDP-Fraktion, folgendes: „Die Fraktionen der AKP, CHP und MHP haben unter Beweis gestellt, dass das Bestreben, Lösungen für die gesellschaftlichen Probleme in der Politik zu finden, für sie keine Bedeutung hat. Wir haben gesehen, dass für sie die Meinungs- und Organisationsfreiheit keine Bedeutung haben. Doch der Kampf um eine demokratische Politik findet nicht allein im Parlament statt.“

Erdoğan baut seine Diktatur auf – mit freundlicher Unterstützung der EU

Dass die Türkei sich in den letzten Monaten kontinuierlich in Richtung einer Diktatur bewegt, steht außer Frage. Der brutale Krieg in Kurdistan, die Festnahmewellen gegen Oppositionelle und Journalisten, und nun die Aufhebung der Immunitäten der HDP-Abgeordneten sollen diesen Weg ebnen und die letzten Hindernisse aus dem Weg räumen. Doch Tatsache ist auch, dass Erdoğan und sein Regime nur so sicher auf diesem Weg voranschreiten können, weil sie wissen, dass sie von Seiten der EU und der deutschen Bundesregierung nichts zu fürchten haben. Im Gegenteil, wie die Acta Böhmermann unter Beweis stellt, sitzt derzeit die AKP aufgrund des unmoralischen Flüchtlingsdeals am längeren Hebel. Beim Thema Kriegsverbrechen in Kurdistan hält die Bundesregierung deshalb ganz still, denn „Wir sollten nicht Schiedsrichter bei den Menschenrechten sein“, hatte Innenminister De Maizière jüngst in Bezug auf den „wichtigen Partner Türkei“ erklärt.

Gemeinsam für eine demokratische Türkei und die Lösung der kurdischen Frage!

Doch diese Haltung sind wir nicht bereit zu akzeptieren. Mit der Aufhebung der Immunitäten der HDP-Abgeordneten wird derzeit die letzte Hoffnung auf eine politische Lösung der kurdischen Frage ausgelöscht. Ein jahrelanger leidvoller Krieg droht. Hiergegen müssen wir die Stimme erheben. Die EU und die Bundesregierung müssen Maßnahmen einleiten, um ein weiteres Abdriften der Türkei in Richtung Diktatur zu verhindern. Sie muss sofort ihren gesamten Einfluss im Sinne einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage in die Waagschale werfen.  Deswegen unterstützt unsere Forderungen, teilt unseren Protest und lasst uns gemeinsam für eine demokratische Türkei und eine friedliche Lösung der kurdischen Frage einstehen – Hier und Jetzt!

NAV-DEM, Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V.

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