Bakur/Nordkurdistan – Die Ko-Bürgermeisterin von Nisêbîn (Nusaybin) Sara Kaya erklärte, dass 42 Zivilist*innen aus Nisêbîn geborgen werden konnten, nachdem sie und der HDP-Abgeordnete Ali Atalan vor Ort interveniert hätten. Die 42 Zivilist*innen stammen aus dem Stadtteil Alika. Es handelt sich um Frauen, Kinder und Verletzte. Kaya wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich ausschließlich um Zivilist*innen handele und Widersprach damit der türkischen Boulevardpresse, die diese als „Terroristen, die sich gestellt hätten“ lancierten. Kaya gab zu bedenken, dass mit der Bergung der 42 Personen das Risiko eines Massakers an Zivilist*innen noch nicht abgewendet sei. „In Nisêbîn haben tausende Zivilist*innen während der Militäroperation ausgeharrt und sich nicht vertreiben lassen“, so Frau Kaya. Sie forderte die Öffentlichkeit dazu auf, auch weiterhin aufmerksam zu sein und sich mit Nisêbîn solidarisch zu zeigen.
In einem Interview der Tageszeitung Yeni Özgür Politika erklärte Sara Kaya, dass Nisêbîn nicht erst seit Verhängung der letzten Ausgangssperre unter einer Blockade leide. Die Blockade begann 2015 mit der Ermordung von Seyithan Dede, einem Einwohner von Nisêbîn, und dauert seit jenem Tag an. Viele Einwohner von Nisêbîn hätten die Stadt vorübergehend verlassen, aktuell leben in Nisêbîn immer noch etwa 50.000 Menschen, die trotz der harten Lebensbedingungen ihre Stadt nicht aufgeben wollen. Kaya berichtete, dass bisher schätzungsweise 8.000 Gebäude zerstört wurden, darunter auch historische Bauten. Selbst in Stadtteilen, in denen es keine Gefechte gegeben habe, seien Gebäude angezündet und zerstört worden. Der älteste Bazar von Nisêbîn, Kaçakçılar Çarşısı, sei abgebrannt und geplündert worden. Auch die Einkaufspassage Acatlar Pasajı sei geplündert worden. Kaya berichtet, dass bis zum jetzigen Zeitpunkt 23 Leichname ins Leichenschauhaus verbracht wurden, alle anderen liegen auf den Straßen. Auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln sei problematisch. Neue Lebensmittel kommen nicht in die Stadt, die Vorräte seien aufgebraucht. Höchstens vor laufender Kamera verteilt das Militär und Polizei einige Lebensmittel. Das wolle die Bevölkerung jedoch nicht. Rojava Derneği ist um Hilfe angefragt worden, damit sie einige Lastwagen mit Nahrungsmitteln schicken, bisher sei jedoch noch keine Antwort eingetroffen. „Es wurden Menschen vor ihrer eigenen Haustür ermordet, das Haus ist ihnen über ihrem Kopf zerstört worden“, berichtet Kaya und fügt hinzu: „Es gibt keinen Unterschied zu einem Gefängnis so wie wir hier Leben. Nisêbîn hat alles Mögliche gegen das Unrecht getan, jetzt ist es an allen, ihre Stimme für Nisêbîn zu erheben.“
ANF, YÖP, 26.05.2016, ISKU