Neue Namen für Provinzen in Nordkurdistan

GeverBakur/Nordkurdistan – In der Türkei wird ein weiterer Schritt in Richtung der Vernichtung der Kurden getan. Zumindest sehen die Kurden das so. Nächste Woche kommt ein Gesetzespaket vor das türkische Parlament in dem die beiden Provinzen Colemêrg (Hakkari) und Şirnex (Şırnak) zu Landkreisen degradiert, ihre bisherigen Landkreise Gever (Yüksekova) und Cizîr (Cizre) hingegen zu Provinzen erklärt werden. Der Provinz Gever sollen die Landkreise Colemêrg , Çelê (Çukurca), ein neu gebildeter Landkreis namens Dereci und Şemzînan (Şemdinli) zugeordnet werden, der Provinz Cizîr die Landkreise Elkê (Beytüşşebap), Basê (Güçlükonak), Hezex (İdil), Nuh, Silopi und Keleban (Uludere). Damit einher geht eine Namensänderung der beiden Provinzen. Şırnak soll ab dann „Nuh“ heißen und Hakkari den Namen „Çölemerik” tragen. Es handelt sich bei beiden Namen um Fantasienamen. Eine geschichtliche Tradition besteht nicht, denn auf Kurdisch heißen die Provinzen Sirnex bzw. Colemêrg. Die Einwohner selbst fühlen sich mit der Neuregelung vom Regime bestraft. War es doch Colemêrg (Hakkari) in dem die HDP ihr bestes Wahlergebnis erzielte.

Gleichzeitig wird mit dem Gesetzespaket die juristische Grundlage für Amtsenthebungen von missliebigen BürgermeisterInnen, Bezirksräten bzw. gegen jene, gegen die ein Ermittlungsverfahren im Rahmen der Terrorgesetzgebung vorliegt, geschaffen. Anstelle gewählter BürgermeisterInnen werden dann innerhalb von 14 Tagen Treuhänder eingesetzt. Das Gesetzespaket erlaubt die Beschlagnahme von Besitz von Kommunen und Landkreisen. Selbst eine Klage bei Gericht hätte keine aufschiebende Wirkung. Es findet insgesamt eine wichtige Verschiebung von Kompetenzen, weg von der kommunalen hin zur zentralen Ebene, statt. Entscheidungsbefugnisse liegen dann alleinig beim Innenministerium, dem Umwelt- und Städteministerium oder dem Kultur- und Tourismusministerium in Ankara. Der Wiederaufbau der bei den Militäroperationen der letzten 12 Monate zerstörten kurdischen Städte und Landkreise läge dann allein in der Hand des Ministeriums für Umwelt und Städte. Ihr obliegt das alleinige Recht auf Planung, Bau, Genehmigung sowie dem Wiederaufbau der zerstörten Ortschaften.

Am 26.Juli wurden 6 Stadtteile von Gever (Yüksekova), der zukünftigen Provinz Gever (Yüksekova), vom Ministerium für Umwelt und Städtebau zu „Risikogebieten“ erklärt. Es handelt sich bei ihnen um die Stadtteile Cumhuriyet, Dize, Eskikışla, Güngör, Mezarlık, Yeni und Yeşildere. Also um jene Stadtteile, die während und nach der Operation in Gever mutwillig von den Sicherheitskräften des türkischen Staates Großteils zerstört wurden. In Gebieten mit dem Status „Risikogebiet“ obliegen die Entscheidungen nicht den lokalen Entscheidungsträgern sondern dem Ministerium für Umwelt und Städtebau. Ziel all dessen sei, so Nihat Akdoğan, Abgeordneter der HDP für Gever, die Vertreibung der Kurden und Kurdinnen.

Das jetzt vorgelegte Gesetz ist somit ein wichtiger Baustein des Çökertme-Plan, eines 2014 entworfenen Szenarios zur Unterwerfung der KurdInnen, dem türkischen Pendent zur Anfal-Operation, dem Völkermord von Saddam Huseyin an den KurdInnen im Irak.

DIHA, Cumhuriyet 11./14.08.2016, ISKU

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