EUROPA – Der Faschismus des türkischen Staates weitet sich immer rasanter aus, zu Letzt wurde bekannt, dass nun auch die sozialdemokratisch/republikanische CHP ins Visier geraten ist. Erdoğan hat demnach Anzeigen gegen sämtliche Abgeordneten der CHP beantragt und Untersuchungen eingeleitet. Ein Entwicklung die nicht nur möglich, sondern logisch vorhersehbar war. Die CHP hat ihre Rolle als Steigbügelhalter der Faschisten ebenso tadellos gespielt, wie es Anfang der 1930er Jahre die SPD für die deutschen Faschisten tat.
Während sich das Morden des türkischen Staates fortsetzt, schwinden die Chancen einer friedlichen Lösung. Die EU hält trotz vereinzelter Kritik weiter an der Partnerschaft zur Türkei fest. Millionen Euro fließen täglich an die Türkei. Russland lockerte sein Embargo und am Himmel braut sich womöglich eine widerwärtiges Konglomerat aus Erdoğan, Putin und Trump zusammen.
Wie dem auch sei, die westlichen Mächte waren noch nie die vertrauenswürdigen Schützer von Demokratie und Menschenrechten, sonder immer nur Monster ihrer eigenen Wirtschafts- und Machtinteressen. Schwerwiegender ist der viel zu marginale Protest und Widerstand auf den Straßen. Während im Kampf um Kobanê in den vergangenen Jahren zehn- gar hunderttausende Menschen auf die Straßen gingen, ist die Zahl der Menschen jetzt überschaubarer. Dabei hat sich nur die Maske des Feindes verändert, während es vorher die Faschisten des sogenannten Islamischen Staates waren, sind es heute die Faschisten Erdoğans. Die Ziele und Werte für die die kurdische Freiheitsbewegung kämpft sind jedoch die selben wie in Rojava und Kobanê.
Angesichts dieser Tatsachen hat die kurdische Jugendbewegung es sich zur Aufgabe gemacht das stille Hinnehmen und gelegentliche Protestieren in Europa zu erweitern und ist zu aktiven und militanten Aktionen übergegangen. Im folgenden eine kurze Auflistung:
7. Juli |
Das Racheteam Lice der Apoistische Junge Fraueninitiative Bayern bekennt sich zum Angriff auf das türkische Geschäftslokal am 7.7.16 in Ichenhausen (Landkreis Günzburg). Das Geschäft gehört Nejdet Aydin, der seit Jahren mit seiner Hasspolitik gegen KurdInnen auffällt.
20. September |
Die Racheteams Şehîd Lecvan Munzur (München) und Şehîd Lecvan Munzur (Köln) bekennen sich zu Brandanschlägen auf Fahrzeuge in München und Köln, die den AKP-nahen türkischen Organisationen UETD, DITIB, ADD, AYTK zugerechnet werden.
23. Oktober |
Das Racheteam Şehîd Çekdar Botan bekennt sich zum Brandanschlag auf ein Fahrzeug in Kassel, welches den AKP-nahen türkischen Organisationen UETD, DITIB, ADD, AYTK zugerechnet wird.
28. Oktober |
Das Racheteam Şehîd Alîsêr Firat der Apoistischen Jugendinitiative NRW bekennt sich zum Angriff auf die UETD Grevenbroich. Die UETD gilt als Lobby-Organisation der türkischen AKP.
3. November |
Kurdische Jugendliche greifen die türkische Botschaft in Paris mit Feuerwerk, Steinen und Molotowcocktails an,
4. November |
Das Racheteam Şehîd Tîjda Ekecik der Apoistischen Jugendinitiative Hessen bekennt sich zu zwei koordinierten Angriffen auf auf das Fahrzeug eines türkischen Faschisten in Oberzwehren, der zum Boykott gegen kurdische Geschäftsleute aufgerufen hat, sowie auf das Ülkü Ocagi (Verein) der Grauen Wölfe.
In der gleichen Nacht bekennt sich das Racheteam Şehîd Cekdar Botan der Apoistischen Jugendinitiative NRW zu einem Angriff auf einen faschistischen Verein in Bad Oeynhausen. Der „Türkische Kulturverein“ in Bad Oeynhausen ist eine Organisation, die den Aufbau des Faschismus in der Türkei unterstützt. Er führt hier ideologische Arbeit in Deutschland durch.
5. November |
Unbekannte zünden ein zum türkischen Konsulat gehörendes Fahrzeug auf dem Engelbosteler Damm an. Sie bekunden ihre Solidarität mit den Betroffenen türkischer Repression und solidarisieren sich mit dem kurdischen Freiheitskampf.
8. November |
Die Apoistische Jugendinitiative hat in London einen Verein in Hornsey/London, welcher dem Diyanet İşleri Başkanlığı (deutsch; Präsidium für Religionsangelegenheiten) nahesteht und einen Verein der türkisch islamischen Gesellschaft in Newington Green/London angegriffen.
Die rund 30 Jugendlichen, die an den koordinierten Angriffen teilnahmen bekundeten ihre Unterstützung des kurdischen Freiheitskampfes und die Fortsetzung solcher Aktionen.
9. November |
In Marburg führten kurdische junge Frauen eine Transparent und Sprühaktion durch. In verschiedenen Teilen der Stadt wurden Transparente mit Parolen angebracht oder an Wände gesprüht. Sie bekunden ihre Solidarität mit der HDP und rufen alle jungen Frauen dazu auf, sich im Rahmen der Kampagne “Xwebûn – Xweparastin“ zu organisieren und auf die Straßen zu gehen.
Neben diesen festgehaltenen Aktionen haben viele weitere statt gefunden. Die Koordination der Komalên Ciwan (Vereinigten Jugend) hat indes eine Erklärung zu den aktuellen Ereignissen in der Türkei und in Nordkurdistan veröffentlicht.
Im Folgenden auszugsweise die Erklärung der kurdischen Jugendbewegung:
„Als Höhepunkt dieser Genozid-Angriffe wurden die Abgeordneten der HDP, die den gewählten Willen der Gesellschaft aus Nordkurdistan darstellen, als Geisel festgenommen. Der faschistische Mörder Erdoğan muss wissen, dass die Jugend Kurdistans sich noch keinem Faschisten gebeugt und niemals tatenlos den Angriffen auf ihre Werte nur zugeschaut hat. (…)
Auf dieser Grundlage grüßen wir herzlich die Jugend aus Qoser, Mersin, Adana, İstanbul und Europa, welche bereits ihre Orte in Stellungen des Widerstands verwandelt haben. (…)
Wir rufen alle revolutionären, linken, sozialistischen und alevitischen Jugendlichen, die in Kurdistan, der Türkei und Europa leben dazu auf; die Ablehnung des kolonialistischen Systems wird sich über den Beitritt in die Reihen des Freiheitskampfes Kurdistans verwirklichen. Auf dieser Grundlage rufen wir die militante, revolutionäre und apoistische Jugend dazu auf sich der Guerilla anzuschließen und revolutionäre Rache zu nehmen.
Wir rufen die gesamte Jugend unter der Führung der Jugendbewegung dazu auf gegen den politischen und militärischen Genozid in Kurdistan auf die Straße zu gehen und den Kolonialismus zu zerschlagen. Es ist rechtens gegen jeden Angriff der türkischen Besatzungsmacht die gleiche Antwort zu geben.
Wir leben den Tag der Befreiung und des Sieges der Frau. Die jungen Frauen rufen wir dazu auf noch stärker die Avantgarde-Rolle in den Aufständen zu erfüllen. Denn keine Revolution kann ohne die Frau siegreich sein.
Wir erklären als Komalên Ciwan nochmals, dass wir unter Führung der kämpfenden Jugend in den vier Teilen Kurdistans und im Ausland unsere Gesellschaft und unseren Willen gegen die Massaker und Genozide unseren revolutionären Vorstoß erhöhen werden.”
11. November 2016, ISKU – Konstantin Weinert