Gesetzesvorhaben zur Änderung der türkischen Verfassung dem Parlament überreicht

Türkei – Die AKP hat ihr Gesetzesvorhaben zur Änderung der türkischen Verfassung dem Parlament überreicht. Die jetzt von der AKP vorgelegte Verfassungsänderung wird als entscheidender Schritt im Umbau der RepublikTürkei  zu einem Präsidialsystem gewertet.

Die Verfassungsänderung ist umstritten. Viele sprechen von einem Präsidialregime oder gar von einer Ein-Mann-Diktatur. Mit der Verfassungsänderung soll es dem Staatspräsidenten möglich werden gleichzeitig auch Chef einer Partei zu sein. D.h., er ist nicht mehr, wie üblich, zur Neutralität gegenüber den Parteien verpflichtet. Neben der Anerkennung des Staatspräsidenten als Oberhaupt des Staats wird er dann auch Chef der Exekutive sein. Dem Staatspräsidenten wird die Möglichkeit das Regieren mittels Dekret zugestanden. An Stelle des Kabinetts, das es dann nicht mehr geben wird, sind ein oder mehrere Vizepräsidenten vorgesehen. Der Staatspräsident erhält die Befugnis den bzw. die Vizepräsidenten, die Minister und die Hohen Amtsträger des Öffentlichen Dienstes zu ernennen. Außerdem wird dem Staatspräsidenten die Möglichkeit zugestanden das Parlament aufzulösen, allerdings endet in dem Falle auch seine Amtszeit. Die Zahl der Abgeordneten erhöht sich um 50 auf 600. Auch ist eine Ersatzabgeordnetenregelung vorgesehen. Während ein Teil der in der Verfassungsänderung vorgesehenen Punkte gleich nach Annahme des Gesetzes Umsetzung finden soll, werden andere Punkte erst 2019 bei den nächsten Wahlen Umsetzung finden, so z.B. die Änderung der Anzahl der Abgeordneten, die Regelung betreffs der Ersatzabgeordneten und die Absenkung der Wahlberechtigung ab 18 Jahren.

Auch die Wahl der Mitglieder der Höchsten Kommission der Richter und Staatsanwälte (HSYK) soll geändert werden. Nach der Verfassungsvorlage sollen sie dann zur Hälfte jeweils vom Staatspräsidenten bestimmt und zur anderen Hälfte vom Parlament gewählt werden. Im Parlament gilt eine Stimmenmehrheit vom 5 zu 2. Sollte bei zweimaligem Wahlgang keine Mehrheit gefunden werden bestimmt das Los. Die Militärgerichtsbarkeit wird aufgehoben, die ihr entstammenden Richter aus dem Verfassungsgericht entfernt. Damit besteht das Verfassungsgericht (AYM) dann nur mehr aus 15 Mitgliedern. Auch die Zusammensetzung des Nationalen Sicherheitsrates (MGK) wird geändert. Die Generelle Kommandantur der Jandarma wird nicht mehr unter dem Dach des MGK sein. Kurz nach Verhängung des Ausnahmezustands gab es in der Hinsicht die Schlagzeile, dass die Jandarma direkt dem Staatspräsidenten unterstellt werden sollten. Die jetzt vorgelegte Verfassungsänderung bestätigt dies. Sollte der Verfassungsentwurf im Parlament die Zustimmung von 330 bis 367 Abgeordneten erhalten, wird eine Volksabstimmung nötig. Bekommt er allerdings mehr als 367 Stimmen gilt er als angenommen.

Milliyet, 10.12.2016, ISKU

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