Das Maraş-Massaker, ein offenes Geheimnis

Von Faschisten zerstörtes Geschäft in Mereş

Von Faschisten zerstörtes und beschmiertes Geschäft in Mereş | Foto: unbekannt

MEREŞ – Das Massaker von Mereş (türk. Maraş) …

Es ist genau 38 Jahre her seit dem Massaker in Mereş, einem Massaker, das zu einem türkischen Staatsgeheimnis wurde, jenes türkischen Staates, der eine endlose Geschichte an Massakern gegen ethnische und religiöse Minderheiten aufweisen kann. Das Massaker von Mereş gegen kurdische Alevit*innen ist dabei nur eines in einer langen blutigen Liste von Massakern des türkischen Staates gegen Zivilist*innen seit der Zeit der Osmanen.

Das Massaker von Mereş geht nun ins 39. Jahr. Es wurde nicht aufgeklärt, die Verwantwortlichen wurden nicht zur Rechenschaft gezogen und obwohl Jahrzehnte ins Land gingen, sieht man in jeder Ecke von Mereş die schmerzvollen Wunden der Alevit*innen. Die Verantwortlichen, die das Massaker organisierten und ausführten kamen niemals vor Gericht, allein dies deckt den mörderischen Charakter des türkischen Staates auf.

150 KURDISCHE ALEVIT*INNEN IN EINER WOCHE UMGEBRACHT

Am 19. Dezember 1978 begannen Faschisten der sogenannten „Grauen Wölfe“ und Islamisten mit Unterstützung der CIA (engl. Central Intelligence Agency) und des Tiefen Staates (türk. derin devlet) das Massaker gegen die kurdischen Alevit*innen in Mereş. Das blutige Massaker ging über eine Woche bis zum 26. Dezember 1978.

Die „Jagd“ auf kurdische Alevit*innen in den Straßen von Mereş begann durch Einheiten der Counterguerilla und organisierter Faschisten. Unter den Augen des Staates wurden lokale Alevit*innen  über eine Woche lang massakriert. Wohnungen und Arbeitsplätze von Alevit*innen wurden angegriffen. Nach offiziellen Angaben wurden bei dem Massaker 111 Menschen ermordet, die Dunkelziffer geht von mindestens 150 Menschen aus. Insgesamt brannten  552 Wohnungen sowie 289 Arbeitsplätze und Fahrzeuge aus und wurden zerstört. Die Verantwortlichen für dieses Massaker gegen kurdische Alevit*innen wurden zu einem Staatsgeheimnis.

DAS MASSAKER WAR EINE BOTSCHAFT AN ALLE REVOLUTIONÄR*INNEN

Es war nicht nur ein Massaker, sondern auch eine gewaltsame Verteibung von über 80% der Alevit*innen in Mereş, dies waren zur damaligen Zeit 70%-80% der Bevölkerung. Ein Ziel des blutigen Massakers war es, allen Alevit*innen, die die aufkommende revolutionäre Bewegung untersützten, eine Botschaft zukommen zu lassen. Mereş war eine sehr alevitische Region, in der Alevit*innen und Sunnit*innen zusammen lebten. Der Tiefe Staat in Form des türkische Geheimdienstes MİT und die CIA wollten die aufkommende Polarisierung, die sich über ideologische Kontroversen entwickelte, für ihren Plan eines Massakers nutzen.

Das Massaker wurde schließlich einen Monat nach der Gründung der Arbeiterpartei Kurdistans, kurz PKK, umgesetzt. Mit dieser Aktion zielte der Staat auf eine direkte Botschaft an die kurdische Freiheitsbewegung – „Vernichtung“.

ALLE DIE EINE ROLLE BEIM MASSAKER GESPIELT HABEN

Nach dem Massaker bildete der damalige Innenminister İrfan Özaydınlı eine Sonderkommission, um das Massaker zu untersuchen und aufzuarbeiten. Diese Kommission entdeckte wichtige Information, diese verschwanden jedoch und firmieren heute als Staatsgeheimnis. Der damalige Staatsanwalt Dündar Saner erarbeitete einen Bericht, indem er Details über die Organisierung und Umsetzung des Massakers enthüllte. Dennoch verschwand das Massaker als ein Staatsgeheimnis und wurde bis heute nicht aufgedeckt.

Laut der bisherigen Berichte wurde das Massaker von 4 MİT-Mitarbeitern geplannt, daruntern der Rechtsberater des MİT, ein Verwandter Alparslan Türkeş, desweiteren ein CIA-Agent namens Alexander Peck, der sich kurze Zeit vor dem Massaker bereits in Mereş aufgehalten haben soll. Die Beteiligung Alparslan Türkeş, als Gründer der faschistischen Milliyetçi Hareket Partisi (MHP), des MİT, lokaler Vertreter*innen rechter Parteien, Großgrundbesitzer sowie Abdullah Çatlı und Haluk Kırcı, Personen die dem Tiefen Staat zugerechnet werden, wurden zu einem offenen Staatsgeheimnis.

DAS MASSAKER VERSCHLEIERN

Ein Planner des Massakers war der damalige Lokalpolitiker und spätere Gouverneur Faruk Kadıoğlu, Mitglied der Gerechtigkeitspartei AP. Die juristischen Klagen gegen das Massaker setzten sich bis ins Jahr 1991 fort. Über 804 Personen erhielten Haftstrafen, während die 68 zentralen Persönlichkeiten und eigentlichen Verantwortlichen niemals zur Rechenschaft gezogen wurden.

Die Inhaftierten wiederrum wurden bereits im April 1991 mit Hilfe des Anti-Terror-Gesetztes von Turgut Özal begnadigt und freigelassen. Gleichzeitig wurde damit der Fall um das Massaker in Mereş act acta gelegt.

Hasan Yoldaş – ANF, 15. Dezember 2016, ISKU

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