Die programmatische und politische Bedeutung beim Referendum „Nein“ zu sagen

Veysi̇ Sarisözen, Journalist

Der Exekutivrat der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) hat als Ergebnis ihrer letzten Sitzung eine wichtige Erklärung veröffentlicht. In ihr wurde der programmatische Ansatz der KCK wie folgt formuliert:

„Die Probleme im Mittleren Osten und der Welt stapeln sich Schicht für Schicht. Das 5000-jährige staatliche System und der Nationalstaat, als seine letzte Erscheinung, erleben eine tiefe Krise. Die kapitalistische Moderne vertieft die gesellschaftlichen Probleme noch weiter und führt die Menschheit geradezu in den Abgrund. An Orten, an denen die liberalen und sozialdemokratischen politischen Kräfte keine Lösungen für Probleme finden, ist die Tendenz hervorgetreten, mit militärischen Interventionen und rechten Regierungen vermeintliche Lösungen für die Probleme zu suchen. Doch es ist schiere Selbsttäuschung, sich zu erhoffen, dass dieselben gesellschaftlichen Kräfte, die für die Verursachung der Probleme verantwortlich sind, diese auch lösen werden können. Im Gegenteil, die gesellschaftlichen Probleme werden sich noch weiter vertiefen. Die einzige Kraft für die Lösung dieser Probleme sehen wir in der radikalen Demokratie und im demokratischen Sozialismus, wie ihn unser Vorsitzender [Abdullah Öcalan] durch seine Analyse der historischen Gesellschaft und der Gegenwart entwickelt hat. (…)

Es bestehen heute gute Bedingungen dafür, dass das Verständnis der demokratischen Nation, wie ihn unser Vorsitzender als Gegenstück zum monistischen und staatszentrierten Verständnis der Nation entwickelt hat, und die demokratisch-sozialistische Organisierung der Gesellschaft unter dem Dach des Demokratischen Konföderalismus, als Teile eines alternativen Gesellschaftsmodells in naher Zukunft im Mittleren Osten und der gesamten Welt erfolgreich sein werden. In dieser Hinsicht werden in der kommenden Phase die dem Mittleren Osten und der ganzen Welt aufgezwungenen ethnischen und religiösen Konflikte mit dem Verständnis der demokratischen Nation zu einer Lösung herangeführt werden; gegen den globalen Kapitalismus, der die gesellschaftlichen Probleme vertieft, werden sich im Rahmen der demokratisch-sozialistischen Linie mit dem globalen Demokratiekampf große Errungenschaften erzielen lassen.“

In der Erklärung wird das politische Ziel auf Basis dieses Programms so zusammengefasst:

„Unser Exekutivrat hat auf dieser Grundlage die vor uns liegenden Monate als Phase zur Befreiung des Vorsitzenden, der Demokratisierung der Türkei und zur Erlangung der demokratischen Autonomie Kurdistans bestimmt; deshalb rufen wir unsere gesamte Gesellschaft dazu auf, mit dem Monat Februar überall den Widerstand zu erhöhen.“

Der Weg zu diesem Ziel wiederum kommt mit folgenden Worten zur Sprache:

„Der März wird mit dem Geist der freien Frau beginnen, um anschließend zum Newrozfest in einer Manifestation des Widerstandsgeistes in allen Städten, Ortschaften und Stadtteilen Kurdistans münden. Somit werden wir nicht nur unsere Geschichte der Volksaufstände gerecht werden, sondern dem Kolonialismus in Kurdistan einen großen Schlag versetzen.

Die Serhildans [Volksaufstände], die sich im Frühling mit dem Guerillakampf auf der Linie von Mahsum Korkmaz treffen werden, werden die Macht der AKP und MHP erschüttern und Vorbote des Frühlings der Freiheit in der Türkei und in Kurdistan sein.“

Die kurdische Freiheitsbewegung hat diese Hauptlinie mit dem aktuellen politischen Widerstand so zusammengeführt:

„Weil die AKP/MHP-Regierung ihre Angriffe gegen die Freiheitsbewegung und die Demokratiekräfte mit dem Präsidialsystem auf eine neue Ebene führen will, ist die klare Haltung und der Kampf hiergegen ebenfalls zu einer wichtigen Angelegenheit geworden.

Deshalb wurde die Bedeutung darauf gelegt, den im Februar beginnenden Kampf gegen die auf einen Genozid gezielten Angriffe mit dem „Nein“ zum Referendum zusammenzuführen. Auf dieser Grundlage wird die Referendumsphase zu einem Demokratiekampf gebracht. Es wurde als ein bedeutender Teil des Widerstandes für die kommende Phase gesehen, der AKP/MHP-Macht auch von dieser Seite einen Schlag zu versetzten.“

Die Erklärung der KCK hat diese einheitliche Widerstandslinie in der Türkei und in Nordkurdistan auf folgende Weise mit dem strategischen Ziel auf internationaler Ebene vereint:

„Wenn wir als demokratische Kräfte gegen die faschistische Macht der AKP/MHP zusammenkommen, die nationale Einheit gewährleisten und mit allen demokratischen Kräften zusammen den Widerstand entwickeln, wird nicht nur das freie und demokratische Leben der Kurden verwirklicht werden, sondern die Grundlage für die Demokratisierung des Mittleren Ostens und der Freiheit aller Völker geschaffen werden.“

Die Zeit der Völker ist gekommen. Der von Seiten der kurdischen Gesellschaft, in Vorreiterrolle der Guerilla, seit Jahrzehnten geleistete Widerstand wird jede Art von Unterdrückung und Hindernis überwinden, die genozidale Kolonialisierung besiegen und das Erlangen eines politischen Status für ein freies und demokratisches Leben gewährleisten. Im Jahr 2017 wird es unweigerlich zu einem Sieg kommen. Der Wille unserer Freiheitsbewegung und der Freiheitswille unserer Gesellschaft wird den Slogan „Wir werden bestimmt gewinnen“ mit einem freien Kurdistan und demokratischen Mittleren Osten krönen.

Der Grund, für das Heranziehen dieser Auszüge der Erklärung ist darzulegen, dass die KCK sich nicht auf „aktuelle Entwicklungen“ begrenzt, sondern ihre Linie in einer systematischen Einheit formuliert. Denn dieser Ansatz ist wichtig. Insbesondere die größte Schwäche der legalen Bewegung Kurdistans ist, zwischen dem „aktuellen politischen Kampf“, der Programmatik, dem hierausgezogenen politische Ziel, der Widerstandsmethode und den internationalen Charakter dieser Linie eine systematische Verbindung aufzubauen.

Diese Erklärung ist für all diejenigen, die sich an der „Nein“-Kampagne beteiligen von wichtiger Bedeutung.

Yeni Özgür Politika, 06.02.2017, ISKU

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