Demirtaş: Wir wollen dazu beitragen, die Türkei-Russland Krise zu überwinden

Besuch des Kovorsitzenden der HDP in MoskauMOSKAU – ANF | Der Kovorsitzende der Demokratischen Partei der Völker HDP Selahattin Demirtaş erklärte, dass das Treffen mit dem russischen Außenminister Sergey Lavrov sehr positiv verlaufen ist und eine Diskussion über den Wunsch der kurdischen Bevölkerung nach Selbstverwaltung geführt werden konnte.

Demirtaş machte deutlich, dass die Kurd_innen sich ihren Platz in der Geschichte wieder erkämpft haben und erklärte, dass sie dazu beitragen und helfen wollen, die Krise zwischen Russland und der Türkei zu überwinden.

HDP-Kovorsitzender Selahattin Demirtaş sprach mit ANF nach dem Treffen, an dem auch der Ko-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Regionen DBP Kamuran Yüksek, HDP-Abgeordneter für Auslandsbeziehungen Nazmi Gür, KNK-Delegierter für Russland Selahattin Soro, Russlands Kovorsitzender des kurdischen Verbandes für national und kulturell föderale Unabhängigkeit Ferhat Patiyev, sowie der Kovorsitzende der Vereinigung kurdischer sozialer Einrichtungen Merab Şamıyev teilgenommen haben.

In Anbetracht der diplomatischen Krise zwischen Russland und der Türkei, nachdem ein russischer Kampfjet abgeschossen wurde, erklärte Demirtaş, dass diese Krise auch einen politischen und wirtschaftlichen Einfluss auf den Mittleren Osten habe. „Wir als HDP haben dem russischen Minister dargelegt, dass nach unserer Meinung, diese Krise keinen Einfluss auf Investor_innen, Unternehmer_innen, Arbeiter_innen und Studierende haben sollte“, so Demirtaş.
Demirtaş betonte, dass sich die Türkei in einem Wandlungsprozess befinde und erklärte : „Wir kämpfen darum, dass sich dieser Wandlungsprozess zu einer pluralistischen Demokratie und zur Freiheit aller Identitäten, Kulturen und Glaubensgemeinschaften entwickelt. Jedoch bemüht sich die AKP mit allen Mittel diese Wandlung in Richtung eines diktatorischen, rassistischen, religiösen und sektiererischen Weges zu führen. Die politische Konkurrenz zwischen diesen beiden Richtungen der Entwicklung verursacht ideologische Auseinandersetzungen und Spannungen. Wir teilen in dieser Hinsicht unsere Meinung mit der gesamten internationalen Öffentlichkeit.“

Demirtaş erklärte, dass die kurdische Frage in der Türkei einen äußerst kritischen Punkt erreicht habe und führte weiter aus: „Während sich die berechtigte Forderung der Völker Kurdistans nach Selbstverwaltung erhebt, führt die AKP-Regierung eine Politik der Unterdrückung und Genozide, indem sie mit ihren bewaffneten Truppen aufs brutalste zuschlägt. Wir sind der Meinung, dass der Ruf der Völker Kurdistans nach föderaler Selbstverwaltung in der Türkei weltweit in der Öffentlichkeit Gehör finden sollte. Wir erklären dies allen Menschen, mit denen wir sprechen.“

Bezüglich der Entwicklungen in Syrien sagte der HDP-Kovorsitzende: „Die Situation in Syrien hat ebenfalls einen bedeutenden Punkt erreicht für die Diskussion über eine neue Verfassung. Als HDP haben wir uns für eine Verfassung eingesetzt, die die Existenz und Freiheit aller Identitäten, Vielfalten und Religionen der syrischen Gesellschaften versichert. Der IS, Al-Qaida und all die anderen Banden haben sich verbündet, um diese Vielfalt durch eine grausame Barbarei zu zerstören und zu unterwerfen, dies ist ihre Antwort auf den emanzipatorischen Widerstand des kurdischen Volkes in Syrien. Aus diesem Grund ist die Anerkennung der Kurd_innen und ihre Existenz ein Schlüsselfaktor für die Zukunft Syriens, gerade hinsichtlich der Tiefe der syrischen Probleme und des enormen Ziels, eines Friedensprozesses im Mittleren Osten.“

Demirtaş erklärte, dass die Kurd_innen in diesem Jahrhundert eine zentrale Rolle im Mittleren Osten spielen werden und keine fremde Macht denken soll, die Völker Kurdistans für sich vereinnahmen zu können, auch nicht durch momentane taktische Bündnisse. „Die Kurd_innen werden eine demokratische und politische Triebfeder in diesem Jahrhundert sein. Tatsächlich nehmen die Kurd_innen, als eine Seite des dritten Weges zur Lösung des Sektierertums und der Identitätskonflikte, wieder ihren Platz in der Geschichte ein. Internationale Mächte sollten dies erkennen und ihre Politik sowie ihre Beziehungen mit den Kurd_innen entsprechend führen. Wir machen diese Punkt sehr deutlich in unseren Gesprächen“, so Demirtaş.

Demirtaş erklärte, dass sie eine entschlossene Rolle gegen die Krise zwischen Russland und der Türkei in Dialogen und auf diplomatischer Ebene einnehmen wollen.

Den Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei als eine Fehlentscheidung bewertend, sagte der HDP-Kovorsitzende: „In dieser Hinsicht führt der türkische Präsident eine enorm inkonsequente Politik. Zuerst sagte er, dass es eine bewusste Entscheidung war, um dann später zu schwanken und zu erklären: ‚Wir hätten den Kampfjet nicht abgeschossen, wenn wir gewusst hätten, dass es ein russischer war‘. Danach behauptete er, dass ‚es der Fehler des Piloten war‘.

Diese inkonsequente Politik macht es schwer, eine Lösung zu finden. Die AKP verfestigt eine charakterlose Einstellung, die in jeglicher Hinsicht schwankt. Andererseits erregt die prinzipientreue Grundhaltung unserer Partei die Völker der Türkei und die internationale Gemeinschaft. Hinzu kommen die entscheidenden Widerstände der Völker Kurdistans in dieser schwierigen Zeit. Sie kämpfen in Şengal, Kobanê und um jeden Meter von Rojava und die gesamte Welt zollt dem Respekt. Die enge Verbundenheit der HDP mit den Völkern Kurdistans, sowie der Gesellschaften und den politischen Bewegungen in Rojava und Başûr (Südkurdistan) erregen viel Aufmerksamkeit.

Die HDP will all diese Ressourcen nutzen, um endlich Frieden in der Türkei und der Region zu schaffen. Russland wertschätzt und unterstützt dieses Vorhaben.“

Selahattin Demirtaş erklärte, dass das Treffen mit dem russischen Außenminister sehr positiv war und fügte hinzu: „Wir haben einen Versuch unternommen, all denjenigen zu helfen, die mit einem türkischen Pass in Russland leben, Studierenden, Arbeiter_innen, Unternehmer_innen und Investor_innen. Wir haben detailliert über dieses Problem gesprochen und werden gemeinsam Fortschritte in dieser Beziehung machen.“

ANF, 23.12.2015, ISKU

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