Wir dürfen nicht zulassen, dass der türkische Staat weitere Massaker, Frauenmorde, willkürliche Hinrichtungen und Menschenrechtsverletzungen verübt

TJK-EAn die Öffentlichkeit

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Frauen in Deutschland sind wir über die gegenwärtige Kriegssituation in den kurdischen Gebieten in der Türkei zutiefst besorgt. Wir erwarten von der Bundesregierung, umgehend eine klare Position gegen die Kriegspolitik der AKP-Regierung zu beziehen, um weiteres Leid zu verhindern. Die gegenwärtige Flüchtlingskrise, die durch die Kriegspolitik der Türkei und u.a. deren Unterstützung für den IS in Syrien mit verursacht wurde, darf nicht dazu führen, dass Menschrechtsverletzungen und Massaker gegen die kurdische Zivilbevölkerung toleriert werden.

Fundamentale Menschenrechte dürfen nicht ökonomischen und geostrategischen Interessen geopfert werden. Nach dem Abbruch der Friedensgespräche seitens des türkischen Staatspräsidenten Erdogan und seiner islamisch-konservativen AKP-Regierung mit dem kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan hat der staatliche Terror gegenüber der kurdischen Bevölkerung eine neue Stufe erreicht. Besonders seit dem 13. Dezember 2015 bombardieren die türkische Luftwaffe und Artillerie ununterbrochen die kurdischen Städte Sur (Amed), Silopi, Cizire, Sirnak und Mardin. Der Staatsterror der AKP-Regierung in Nordkurdistan wird von einer anti-kurdischen rassistischen Hetze in den türkischen Medien begleitet. Bilder, die wir heute in Nordkurdistan sehen, erinnern uns an das von den IS- Mörderbanden zerstörte Kobanê oder an den Gazastreifen: Zerstörte Dörfer und Städte; zerbombte und brennende Häuser.

Über 200 Zivilisten – darunter viele Frauen und Kinder – wurden auf offener Straße von Scharfschützen der türkischen Armee oder bei der Bombardierung ihrer Wohnhäuser ermordet. Einem Bericht des Kongresses Freier Frauen (KJA) zufolge wurden zwischen dem 7. Juli und 25. Dezember 2015 folgende 34 Frauen und Mädchen bei türkischen Militär- und Polizeioperationen gezielt ermordet:

Günay Özarslan: wurde bei einer Hausdurchsuchung am 24.07.2015 in Istanbul durch Polizisten erschossen

Hanife Durak (80): erlitt am 17.08.2015 einen Herzinfarkt bei der Ausgangssperre und dem Beschuß der kurdischen Stadt Farqîn (Silvan) durch türkische Spezialeinheiten

Fatma Öktem (55): wurde am 31.08.2015 durch Scharfschützen des türkischen Militärs ermordet, als sie auf dem Dach ihres Hauses in Silopî schlief

Xetban Bülbül (65): erlitt am 4.09.2015 einen Herzinfarkt bei der Belagerung und dem Beschuss der kurdischen Stadt Cizîre durch das türkische Militär

Ayten Gülhan (32): am 5.09.2015 durch Polizeikugeln auf der Straße im Stadtzentrum von Dersim ermordet

Cemile Çağırga (10): wurde am 6.09.2015 vor ihrer Haustür von Scharfschützen des türkischen Militärs in Cizîre erschossen. Aufgrund der Ausgangssperre konnte sie nicht begraben werden, so dass ihre Mutter den Leichnam tagelang im Kühlschrank aufbewahren musste.

Meryem Süne (53): starb am 8.09.2015 in Cizîre, als aus einem Panzerwagen der Polizei in die Menschenmenge gefeuert wurde.

Zeynep Taşkın (17): wurde am 9.09.2015 auf der Straße durch Spezialeinheiten in Cizîre erschossen, als sie ihr Kind auf dem Arm trug

Ruken Demir (18): starb am 12.09.2015 als die Polizei das Feuer auf eine Protestkundgebung in Amed (Diyarbakir) eröffnete

Alya Temel (48): wurde am 25.09.2015 durch eine Mörsergranate getötet, die türkische Soldaten auf die Stadt Bêşebab (Beytüssebap) abgefeuert hatten

Elif Şimşek (8): wurde am 27.09.2015 durch eine Rakete getötet, die die Polizei in Bîsmîl auf das Haus ihrer Familie abgefeuert hatte

Mülkiye Geçgel (48): wurde am 28.09.2015 bei einem Angriff von Polizei- und Spezialeinheiten durch Schussverletzungen lebensgefährlich verletzt, so dass sie starb.

Latife Tutuk (23): wurde am 28.09.2015 von Soldaten ins Vezier genommen und erschossen, als sie ihr Haus in Silopî verließ.

Hayriye Hüdaverdi (70): wurde bei der Militärblockade am 6.10.2015 in Farqîn (Silvan) von Spezialeinheiten erschossen

Helin Hasret Şen (12): wurde von Polizisten am 10.10.2015 im Stadtteil Sûr von Amed (Diyarbakir) ermordet, als sie zum Bäcker gehen wollte

Dilek Doğan (25): wurde am 18.10.2015 bei einer Hausdurchsuchung in Istanbul vor den Augen ihrer Eltern durch Polizisten hingerichtet

İsmet Gezici (55): wurde am 11.11.2015 in Farqîn (Silvan) durch Scharfschützen der Polizei ermordet

Selamet Yeşilmen (44): wurde am 11.11.2015 vor ihrer Haustür in Nisebîn (Nusaybin) ermordet, als Polizisten aus einem Panzerfahrzeug ihr Haus beschossen

Fatma Yiğit (17): wurde am 12.11.2015 durch Bombenbeschuss des türkischen Militärs in Silopî ermordet

Güler Eroğlu (20): wurde am 2.12.2015 im Stadtteil Sûr von Amed (Diyarbakir) gezielt durch Polizisten erschossen

Dilan Kortak (19): wurde am 3.12.2015 bei einer Hausrazzia der Polizei in Istanbul hingerichtet.

Fehime Aktı (56): verlor am 12.12.2015 in Nisebîn (Nusaybin) ihr Leben, als eine Granate des türkischen Militärs ihre Brust traf

Hediye Şen (30): wurde am 16.12.2015 in Cizîre durch Polizeikugeln ermordet.

Taybet İnan (57): wurde bei der militärischen Belagerung von Silopî am 20.12.2015 durch Soldaten erschossen, als sie mit einer weißen Fahne in der Hand auf die Straße trat

Zeynep Yılmaz (45): wurde durch Granatbeschuss des türkischen Militärs am 20.12.2015 in Cizîre ermordet.

Emire Gök (39): wurde am 20.12.2015 im Garten ihres Hauses in Nisebîn (Nusaybin) durch Spezialeinheiten erschossen.

Ayşe Buruntekin (40): wurde am 20.12.2015 beim Beschuss ihres Stadtviertels in Silopî durch das türkische Militär ermordet

Cahide Çıkal (35): verlor am 22.12.2015 in Cizîre ihr Leben durch eine Granatsplitterverletzung

Şirin Öter und Yeliz Erbay: wurden bei einer Razzia der türkischen Polizei am 22.12.2015 in Istanbul durch Polizeikugeln hingerichtet

Amine Duman (70): erlitt am 22.12.2015 aufgrund der Militärangriffe auf die Stadt Cizîre einen Herzstillstand und verstarb da sie aufgrund des Dauerbeschusses nicht ins Krankenhaus gebracht werden konnte

Azime Aşan (50): wurde am 23.12.2015 durch eine Bombe ermordet, die ihr Haus in Cizîre zerstörte

Sebahat Kılıç (28): wurde am 23.12.2015 in Kerboran durch Polizeispezialeinheiten ermordet, die in ihrem Haus einen Kugelhagel auf sie abfeuerten

Miray İnce: war ein 3 Monate altes Baby, das am 25.12.2015 auf den Armen ihrer Mutter durch Polizeikugeln in Cizîre ermordet wurde

Auch nach dem 25.12.2015 gab es weitere Todesopfer. Aufgrund der willkürlichen Ausgangssperren können selbst lebensbedrohlich Verletzte und Kranke nicht behandelt und die Toten nicht begraben werden. Nach Angaben der Bevölkerung vor Ort gibt es aufgrund der andauernden Ausgangssperren kaum noch Lebensmittel. Strom-, Internet- und Telefonverbindungen wurden durch die Polizei gekappt.

Am 5. Januar 2016 holte das türkische Militär mit Gewalt 7.000 EinwohnerInnen von Silopi aus ihren Häusern, internierte sie in einer Sporthalle und setzte sie unter Druck die Stadt zu verlassen.

In der Nacht waren bei Dauerbeschuss des Stadtteils Karsiyaka aus gepanzerten Militärfahrzeugen heraus die Vertreterin der DBP (Partei der Demokratischen Regionen), Sêvê Demir, die Ko-Vorsitzende des Volksrates von Silopi, Pakize Nayır und die KJA (Kongress der Freien Frauen) Aktivistin Fatma Uyar ermordet worden. Aufgrund ihres Widerstandes für die Anerkennung des Rechtes auf Selbstverwaltung und Frauenbefreiung stehen Aktivistinnen der Frauenbewegung insbesondere im Fadenkreuz der Todesschwadronen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass der türkische Staat weitere Massaker, Frauenmorde, willkürliche Hinrichtungen und Menschenrechtsverletzungen verübt.

WIR FORDERN:

  • Die Entsendung von Beobachter- und Menschenrechtsdelegationen in die vom türkischen Militär belagerten Städte! Insbesondere nach Sur (Amed), Silopi, Cizire, Sirnak und Mardin!
  • Einsatz für die Beendigung des Krieges gegen die kurdische Zivilbevölkerung und die Einstellung der deutschen Unterstützung für das AKP-Regime!
  • Es dürfen keine weiteren Bundeswehrsoldaten und Waffen an den Unrechtsstaat Türkei geliefert werden!
  • Die Kriegspolitik der AKP darf nicht durch 3 Mrd. Euro aus dem EU-Flüchtlingsfonds und Wiederaufnahme der EU-Beitrittsverhandlungen belohnt werden!
  • Die offizielle Anerkennung der demokratischen Autonomie in Kurdistan!
  • Einsatz für die sofortige Freilassung von Abdullah Öcalan und aller politischer Gefangenen aus türkischen Gefängnissen!

Kurdische Frauenbewegung aus Europa (TJK-E) Postbus 673, 2501 CR Den Haag, Nederland e-mail: tjkeewropa@hotmail.com


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