Extralegale Hinrichtung in der Türkei: Sondereinheiten der Polizei töten bei Hausdurchsuchung 12 Jugendliche in Van mit Kopfschuss

Pressemitteilung, 11.01.2016| PDF-Datei

Gestern wurden in der türkisch-kurdischen Metropole Van 12 Jugendliche von Sondereinheiten der türkischen Polizei extralegal hingerichtet. Abgeordnete der im türkischen Parlament vertretenen Partei der demokratischen Bevölkerung (HDP) und Augenzeugen berichteten von dem Vorfall: „Bei einer Hausdurchsuchung wurden die Jugendlichen im Alter zwischen 18-25 Jahren mit gezielten Schüssen in den Kopf getötet.“ Es ist unmöglich, dass dies, wie von den türkischen Sicherheitsbehörden behauptet wird, bei einer Schießerei passiert ist. Auf einem Twitter Account rühmten Polizisten sich ebenfalls für die „Hinrichtung“ und kündigten an „jeden weiteren zu inhaftierenden Kurden ebenfalls per Kopfschuss hinzurichten.“ Auch in der Stadt Cizre wurde am Sonntag ein 25jähriger von Polizisten ermordet.

„In den letzten drei Monaten töteten Sondereinheiten der Polizei und Militär im Rahmen der von der Regierung Erdogan/Davotoglu verhängten Ausnahmezustände mindestens 198 ZivilistInnen. Es handelt sich dabei nicht um Auseinandersetzungen zwischen türkischer Armee und PKK, wie von der Bundesregierung und in den hiesigen Medien oftmals kolportiert, sondern um gezielten Staatsterror gegenüber der gesamten kurdischen Bevölkerung. In diesem Zusammenhang keinen wirksamen Druck auf die türkische Regierung auszuüben und stattdessen weiterhin die militärische und sicherheitspolitische Zusammenarbeit zu praktizieren, wie die Bundesregierung es tut, ist vollkommen verantwortungslos“, kritisiert Martin Dolzer, Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft.

„Die Türkei unterstützt weiterhin den Islamischen Staat und tut alles um den Konflikt in den kurdischen Provinzen des Landes zu eskalieren. Mittlerweile sind tausende Oppositionelle, unzählige JournalistInnen und 17 kurdische BürgermeisterInnen inhaftiert, immer wieder wird von Folter und Mißhandlungen durch Polizei und Militär berichtet. Diese Praxis und die Hinrichtungen von drei PolitikerInnen in der Stadt Silopi (an der türkisch-irakischen Grenze) Anfang letzter Woche sowie der 12 Jugendlichen in Van und des 25jährigen in Cizre am Sonntag sind nicht hinnehmbar und müssen international sanktioniert werden. Die Bundesregierung ist gefragt, sofort umzudenken und die Menschenrechte anstatt geostrategische Interessen in den Mittelpunkt der Beziehungen zur Türkei zu stellen. Die 3 Milliarden Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen dürfen nicht von der EU an eine Regierung gezahlt werden, die systematische Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen befielt. Die Beitrittsverhandlungen zur EU müssen sofort auf Eis gelegt werden“, so der Abgeordnete weiter.

„Es mehren sich die Berichte, wonach Leichen kurdischer Opfer beerdigt werden, ohne dass die Angehörigen die Möglichkeit haben, die Leichen vorher zu sehen. Eine Überprüfung der Todesumstände und -gründe ist so nicht mehr möglich und lässt befürchten, dass auf diese Weise Kriegsverbrechen vertuscht werden sollen und damit unbestraft bleiben,“ so Rechtsanwältin Britta Eder.

Um ein positives Zeichen zu setzen und der menschenverachtenden Politik der türkischen Regierung etwas entgegenzusetzen, sollte die Bundesregierung den Dialog mit den Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava, der HDP und der PKK suchen. Dies sind die Akteure, die am wirksamsten gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) kämpfen und sich für ein friedliches Zusammenleben aller Bevölkerungs- und Religionsgruppen im Mittleren Osten und die Gleichberechtigung der Frau einsetzen. Wichtig wäre zudem die Verfolgung von KurdInnen gemäß §129b in Deutschland zu beenden.

Martin Dolzer
MdHB DIE LINKE
Sprecher für Europa- und Friedenspolitik, Justiz, Wissenschaft und Queer
Rathausmarkt 1
20095 Hamburg
Telefon: 040 / 42 831 2446
Handy: 0176 / 207 05 646
martin.dolzer@linksfraktion-hamburg.de
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