Auch nach mehr als 41 Tagen Ausgangssperre und Blockade gegen den Sadtteil Cudi der Stadt Cizîr (türk.: Cizre) dauert der Terror durch den türkischen Staat unvermindert an. Am 22. Januar wurde durch den pausenlosen Beschuss des Stadtteils durch Panzer ein Haus getroffen, in dem sich 15 Zivilisten befanden. 10 Personen wurden dabei verletzt, davon eine schwer. Bei den Verletzten handelt es sich um Faik Özkan, Ruhat Aktaş (Leitender Redakteur der Zeitung Azadiya Welat), Sercan Uğur, Azad Yılmaz, Murat Aslan, Muharem Erbek, Abdullah Zileyüz, Mehmet Yavuzer (Mitglied des Parteirates der BDP), Feride Aslan, İslam Numan. Zum Zeitpunkt des Beschusses befand sich auch der Kovorsitzende des Volksrates von Cizîr Mehmet Tunç in dem Haus. Mit den 10 Verletzten warten nun mittlerweile 28 Verletzte in Cizîr darauf, dass ihr Transport ins Krankenhaus erfolgen kann. Doch der Dauerbeschuss durch das türkische Militär macht das unmöglich. Und mit jeder Stunde, die vergeht, verschlechtert sich der Gesundheitszustand der Verletzten zusehends.
Einer von ihnen war Cihan Karaman. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte war eine Verfügung erwirkt worden, damit die türkischen Behörden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit er ins Krankenhaus überstellt werden kann. Cihan Karaman war Student. Er war während eines willkürlichen Beschusses durch türkisches Militär von einem Granatsplitter getroffen und im Brustbereich verletzt worden. Gleich nachdem er Kenntnis davon erhalten hatte, setzte sich der HDP-Abgeordnete von Şirnex (türk: Şırnak) Faysal Sarıyıldız gegenüber dem Krankenhaus dafür ein, dass ein Rettungswagen auf den Weg geschickt wird. Zeitgleich informierte die Familie von Cihan Karaman, den zuständigen Gouverneur, das ein Rettungswagen auf dem Weg ist. Trotzdem muss der Rettungswagen unverrichteter Dinge umkehren da der Beschuss fortdauert. Cihan Karaman bleibt allein, verletzt auf der Straße zurück. Später gelingt es Freunden ihn von der Straße zu bergen und in den Keller eines Hauses zu bergen. Ein zweites Mal wird ein Rettungswagen los gesandt. Nachdem die Adresse, wo sich der Verletzte befindet, bekannt gegeben wurde, wurde das Haus direkt beschossen. Daraufhin erwirken Anwälte den Beschluss des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, um seine Bergung und eine Verlegung in ein Krankenhaus zu ermöglichen. Trotzdem wird Haus und Umgebung bis in die frühen Morgenstunden weiter beschossen.
Nach dem oben erwähnten Beschuss eines weiteren Hauses, wobei 10 Zivilisten verletzt wurden, wird Karaman zu ihnen gebracht, um mit ihnen gemeinsam auf die Ankunft eines Rettungswagens zu warten. Aber auch dieses Haus, der Ort war den türkischen Behörden mitgeteilt worden, um die Verletzten sicher bergen zu können, ist es den ganzen Tag Ziel des Beschusses durch Panzer. Nachdem 2 Tage seit seiner Verletzung verstrichen sind erliegt Cihan Karaman seinen schweren Verletzungen, ohne dass ihn ein Krankenwagen hat erreichen können.
Nach Informationen des sich vor Ort befindlichen Kovorsitzenden des Volksrates von Cizîr Mehmet Tunç befinden sich die Verletzten im Kellerraum des durch den Beschuss zerstörten Hauses. Erneut sendet er einen Hilferuf an die Welt: „Es ist nicht einmal mehr eine Mullbinde da, um die Verletzten zu versorgen …“ Nach Cihan Karaman hat noch ein weiterer Verletzter sein Leben verloren. Der Beschuss dauert an. Von 28 Verletzten hat sich der Zustand von 18 erheblich verschlechtert. „ Hier wird ein Massaker an Zivilisten geprobt. Wenn nichts geschieht, wird man nur noch unsere Leichname holen können“
Die Abgeordneten der HDP Ferhat Encü, Leyla Birlik und Tuba Hezer machen sich auf den Weg um die Verletzten zu bergen und den Leichnam von Cihan Karaman abzuholen. Das Militär lässt sie und die Angehörigen von Cihan Karaman nicht durch –, verweist sie der Stadt.
ANF, 25.01.2016, ISKU