Die Partei der Demokratischen Regionen DBP hat, obwohl Hunderte ihrer Mitglieder, darunter auch ihr Kovorsitzender Kamuran Yüksek, in Haft sind, ihren 4. Sonderparteitag abgehalten. (1) Auf dem Sonderparteitag in Ankara waren die Kovorsizenden der Demokratischen Partei der Völker HDP Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, die Kovorsizenden des Kongresses für eine Demokratische Gesellschaft DTK Leyla Güven und Hatip Dicle, die Kosprecher des Demokratischen Kongresses der Völker HDK Gülistan Kılıç Koçyiğit und Ertuğrul Kürkçü, eine Reihe Bürgermeister*innen der DBP so wie Abgeordnete der HDP zugegen. Es nahmen auch Angehörige der in den letzten Tagen und Wochen während der Ausgangssperren Ermordeten teil wie zum Beispiel Esmer Tunç, Mutter vom Mehmet Tunç der in einem der Keller in Cizîr (Cizre) ermordet worden war. Auch dir Mütter Hanım Yavuzel, Sakine Demir und Behiye Nayır waren zugegen. Auf dem Sonderparteitag wurde eine Botschaft des in Adana inhaftierten Kovorsitzenden der DBP Kamuran Yüksek verlesen. Seine Botschaft wurde verlesen durch den Kobürgermeister von Sêrt (Siirt) Tuncer Bakırhan.
In seiner Botschaft erklärt Kamuran Yüksek, dass er für das kurdische Volk in der Demokratie die Lösung sieht. Nachdem er darauf hingewiesen hat, dass das kurdische Volk in vier verschiedenen Ländern lebt, erklärte er: „Es gilt die Anerkennung als Volk innerhalb der Ganzheit des jeweiligen Landes zu erwirken.“ Dazu gehört für ihn „das Recht auf freie Entfaltung der Identität, allem voran das Recht auf Bildung in der Muttersprache, regionale Autonomie“, und eine „Teilhabe mit autarken/autonomen Modellen an der Verwaltung, eine Selbstverwaltung“. In der Hinsicht sieht die DBP die Lösung für die Kurden, aber auch für alle anderen Probleme, so Kamuran Yüksek – die „Republik demokratisieren“, er benennt das kurz „Demokratische Republik.“ Deshalb verteidige die DBP das Modell der „Demokratischen Autonomie“.
Er erklärte: „Den Kurden ihr Recht zuzugestehen ist zum Vorteil eines jeden. Das kurdische Problem mit anderen Mittel zu lösen als dem der Gewalt, wäre von Vorteil für das ganze Land, für alle in der Gesellschaft. In der Hinsicht stellt die als Lösungs- bzw Verhandlungsphase der Jahre 2013 bis 2015 eine wichtige Erfahrung dar. Es wurde allerding erkannt, dass „die Methode der Verhandlungsführung allein mit Delegationen auf der Route İmralı-Kandil-Ankara während der als ‚Lösungsphase‘ genannten Zeit nicht ausreichend sei“, vermerkt Kaamuran Yüksek in seiner Botschaft an die DBP. Er fordert neue Wege zu suchen. Er votiert, „da Erfolg versprechender für einen Frieden“, die Freiheit Öcalans. Es gälte „einen Rahmen zu schaffen, damit Herr Öcalan selber aktiv am Prozess Teilnehmen kann, aber auch, damit wieder ein Weg geschaffen werde für eine Lösung mittels Verhandlungen“. Er glaube fest daran, dass „auf diese Art eine Demokratiesierung zu meistern“ sei. Für Kamuran Yüksek ist die zunehmende Haltung, die Verhandlungen mit Erdoğan, der AKP … abzulehnen, als unrealistisch und führt nicht zu einer Lösung der Probleme. „Um welches Problem es sich auch immer handeln sollte, es muss unter Einbeziehung der betroffenen Seiten gelöst werden. Außerhalb dessen konnte bisher noch nie eine Lösung erzielt werden.“ In den vor uns liegenden Tagen gälte es vor allem Kader zu schaffen die es vermögen, Begriffe und Inhalte wie die „Demokratische Republik“ oder die „Demokratische Autonomie“ allen zu vermitteln, die alle Bereiche der Gesellschaft organisieren und im Hinblick auf die Lösung des Problems die Freiheit Öcalans einfordern. Das wären damit auch die Leitlinien der DBP für die nächste Zeit. In einer Zeit in der der Druck immens groß sei, in der es Massenverhaftungen gegen die Partei gibt, ja sogar vor Ermordung von Mitgliedern der DBP nicht zurück geschreckt wird, in der es Pläne des Staates gäbe anstelle der gewählten Bürgermeister der DBP Treuhänder einzusetzen, gälte es „fest zusammenzustehen, und harmonisch miteinander zu arbeiten“. Es gälte auch, sich gemeinsam gegen die Einsetzung von Treuhändern anstelle der gewählten Bürgermeister der BDP einzusetzen. Das gleiche gilt auch gegen den Versuch die Abgeordneten der HDP aus dem türkischen Parlament auszuschließen indem ihnen die Immunität entzogen wird.
In seiner Botschaft ging Kamuran Yüksek auch darauf ein, dass es immer auch Rückschläge und schwere Zeiten für eine Bewegung geben kann. „Doch solange man nicht aufgegeben hat, hat man nicht verloren“, sagt er und fordert alle auf, unabhängig davon wo man sich gerade befindet, ob im Gefängnis wie er oder draußen, nicht aufzugeben. Im Hinblick „auf den Tod Tausender, von Vertreibung, Verarmung, der Zerstörung ganzer Städte, die Beschlagnahme (von ganzen Stadtteilen) gilt es auch weiterhin solidarisch zu helfen und Not zu lindern. Zur Beendigung der Politik aus Krieg und Gewalt gilt es, Politik zu betreiben gegen die Unterdrückung, gilt es den zivilgesellschaftlichen Kampf voran zu treiben“, sagt er.
Auf dem Sonderparteitag der DBP in Ankara wurde ein neuer Vorstand gewählt. Demnach sind die neuen Kovorsitzenden der DBP Kamuran Yüksek und Sebahat Tuncel. Auch der 70-köpfige Parteirat wurde neu gewählt.
ANF, 28.05.2016, ISKU