Heute wurde die Tageszeitung Özgür Gündem in der Türkei verboten. Das Verbot von Özgür Gündem ist ein neuerlicher Akt der Zensur und Gleichschaltung der Medien. Hatte es die Türkei doch nie sehr genau mit Presse- und Meinungsfreiheit genommen sind das seit dem gescheiterten „Putschversuch“ vom 15. Juli und der anschließenden Verhängung des Ausnahmezustands nur noch Fremdworte, die man in der Türkei vergeblich wird suchen können.
Dabei hat Özgür Gündem viele Opfer für die Entwicklung von Demokratie und Pressefreiheit gebracht. In den 1990er fielen Duzende ihrer JournalistInnen und MitarbeiterInnen dem Staatsterror und extralegalen Hinrichtungen zum Opfer. Ihre Zentrale in Istanbul wurde sogar Ziel eines Bombenattentats. Seit dem 7. Juni dieses Jahres wird sie mit Ermittlungsverfahren nur so überhäuft. Aus Solidarität mit der Zeitung wurde daraufhin die Kampagne „Einen Tag lang Bereitschafsdienst als Chefredakteur“ ins Leben gerufen. AkademikerInnen, JournalistInnen, RedakteurInnen stellten sich einen Tag lang der Zeitung als ChefredakteurIn zur Verfügung. Doch selbst diese bekamen die Verfolgung der Zeitung durch das Regime zu spüren. Drei an der Kampagne beteiligte, die Akademikerin Şebnem Korur Fincancı, der Journalist Erol Önderoğlu und der Schriftsteller Ahmet Nesin wurden inhaftiert und erst nach weltweiten Protesten Tage später wieder aus der Haft entlassen. Der Journalist Celal Başlangıç kommentierte das jetzige Verbot: „Zuerst haben sie alle Zeitungen, Fernsehkanäle und Verlage die sie der Nähe zu Gülen bezichtigten verboten. Ohnehin haben sie immer schon oppositionelle Internetseiten verboten. Dann kam die Reihe an die TIB (Telekommunikationsbehörde). Jetzt kommen sie wieder zurück zu den Kurden und gehen gegen diese vor.“
Mittlerweile wurde eine Solidaritätskampagne unter der Parole „Wache für eine freie Presse“ initiiert. Es werden alle zur Solidarität mit Özgür Gündem aufgerufen, denn die Pressefreiheit kann nicht nur von JounalistInnen verteidigt werden. Sie geht alle an. Es ist nicht nur das Recht der JournalistInnen zu informieren, sondern auch das Recht des Lesers, sich informieren zu können. Demokratie geht alle an.
Aktuell wird die Zentrale von Özgür Gündem in Istanbul von Polizei und Sonderpolizeieinheiten durchsucht. Mitarbeiter von Özgür Gündem, darunter auch der Herausgeber Zana Kaya, aber auch JournalistInnen anderer Presseagenturen und Fernsehsender, die sich zu dem Zeitpunkt im Gebäude aufhielten, wurden verhaftet. Unter den Verhafteten befinden sich Günay Aslan, Reyhan Hacıoğlu, Ender Öndeş, Doğan Güzel, Ersin Çaksu, Kemal Bozkurt, Sinan Balık, Önder Elaldı, Davut Uçar, Zana Kaya, Fırat Yeşilçınar, Mesut Karnak (DIHA), Gülfem Karataş (imc TV-Journalistin) und Gökhan Çetin (imc TV- Kameramann).
ANF, 16.08.2016, ISKU