Bakur/Nordkurdistan – Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hat heute erklärt. dass innerhalb der nächsten 15 Tage von 28 Bürgermeistereien die gewählten Vertreter durch berufene Teuhänder ersetzt werden. Heute soll bereits das Bürgermeisteramt von Kop (Bulanık) durch einen bestellten Treuhänder besetzt worden sein. Gestern wurden dahingehende Meldungen für Sûr (Amed) und Farqîn (Silvan) laut.
Die Co-Bürgermeister von Sûr Seyid Narin und Fatma Şık Barut, beide DBP, waren bei den Kommunalwahlen 2014 mit 54 % der Stimmen gewählt worden. Wegen ihrer Teilnahme an der Ausrufung der Selbstverwaltung wurden sie am 19. August 2015 verhaftet. Am 8. März 2016 wurden sie aus dem Gefängnis entlassen. Beide Co-Bürgermeister wurden jedoch vom Innenministerium ihrer Ämter enthoben. Jetzt soll an ihrer Stelle ein Treuhänder eingesetzt worden sein.
Sowohl CHP als auch HDP haben starke Vorbehalte gegen diese Praxis geäußert und drohen, Klage beim Verfassungsgericht einreichen zu wollen. Doch auch ihnen ist klar, dass die Richter des Verfassungsgerichts allesamt der AKP nahestehen. Die letzten Neubesetzungen am Verfassungsgericht hat es zuletzt im Zuge der weiterhin anhaltenden Säuberungswelle in der Türkei gegeben. Doch mit der Einsetzung von Treuhändern in Ämter, die unter normalen Bedingungen durch Wahlen besetzt werden, dürfte es um die Demokratie in der Türkei noch schlechter stehen als ohnehin schon. Auch dem inneren Frieden dürfte es wohl nicht gerade dienlich sein, haben doch schon HDP und DBP einhellig erklärt, die berufenen Treuhänder nicht anerkennen zu wollen und die Bevölkerung dazu aufgerufen, dies ebenfalls so zu handhaben.
Noch Mitte August war ein entsprechender Gesetzentwurf, der die Einsetzung von Treuhändern in Ämter von Bürgermeistern möglich machen sollte, Teil eines dem Parlament vorgelegten Gesetzespaketes. Alle vier Parteien kamen jedoch überein, diesen umstrittenen Vorstoß aus dem Paket zu nehmen. Vor einigen Tagen wurde er nun mittels Verordnung mit Gesetzeskraft, eine Vorgehensweise die der in der Türkei verhängte Ausnahmezustand (OHAL) möglich macht, eingeführt. Dem Parlament wurde die Verordnung 674, die dies regelt, nicht zur Bestätigung vorgelegt. Die Umsetzung hat allem Anschein nach jedoch bereits begonnen.
ANF, 09.09.2016, ISKU