2-tägige Internationale Konferenz:
11. & 12. März 2017 – Bielefeld
Seit dem Angriff des Islamischen Staats (IS) gegen die kurdische Religionsgemeinschaft der Êziden in Shengal/SINJAR am 3. August 2014 sind zweieinhalb Jahre vergangen. Innerhalb weniger Wochen wurden im August 2014 in der Region um Shengal tausende Êzid*innen auf grausame Weise hingerichtet, einzeln oder auch als öffentlicher Massenmord. Über 5000 Menschen mehrheitlich Frauen und Mädchen wurden vom IS verschleppt, vergewaltigt, als Sklavinnen benutzt oder wie Ware auf „Sklavinnenmärkten“ verkauft. Um diesem Schicksal zu entgehen und nicht in die Hände der IS zu geraten, wählten hunderte Frauen den Selbstmord. Mehr als 50.000 Êzid*innen flohen aufgrund der Angriffe in die angrenzenden Berge in denen viele von ihnen aufgrund von Erschöpfung, Wasser und Nahrungsmangel starben, insbesondere Kinder und Alte. Insgesamt wurden Hunderttausende Menschen zur Flucht gezwungen. Viele Êzid*innen leben bis heute z.T. in Flüchtlingslagern in der Region, oder haben ohne Hoffnung auf ein Überleben im Mittleren Osten ihre Heimat verlassen und Asyl in Europa gesucht.
Der Angriff des IS auf Shengal, dem tausendjährigen Siedlungsgebiet der Êzid*innen, war nicht nur eine humanitäre Katastrophe. Es war ein Angriff gegen die Êzid*innen als Religionsgemeinschaft, mit dem Ziel diese auszulöschen. Als Mittel dazu richtete sich der Angriff systematisch und auf eine besonders brutale Art und Weise gegen Frauen. Dieser genozidale Angriff, wird von den Êzid*innen als 74. Völkermord bezeichnet. Er ist in seiner Form zugleich auch einen Feminizid.
Für die Êzid*innen in Shengal besteht die Gefahr des Völkermords weiterhin fort. Neben dem physischen Völkermord nimmt die Gefahr des kulturellen Genozids immer stärker zu. Darüber hinaus mussten Êzid*innen zusammen mit dem 74. Genozid bitter erkennen, dass sie ihre Existenz und Freiheit nur durch Selbstwillen, Selbstverwaltung und Selbstverteidigung schützen können.
In diesem Zusammenhang sind in den vergangenen zweieinhalb Jahren innerhalb der Êzidischen Bevölkerung in Shengal für die Stärkung und Organisierung des kollektiven Willen sowie die Beschützung der Êzidischen Existenz wichtige Schritte unternommen worden. Frauen, denen vom IS allein eine Existenz als Sklavinnen anerkannt wurde, sind heute in diesem Prozess aktiv und führen diesen an.
Wir glauben daran, dass die Bedingungen, die zum 3. August 2014 geführt haben, der Völkermord selbst und die anschließende Situation in Shengal noch immer nicht ausreichend beleuchtet worden sind. Auf Grund der Parallelität von Genozid und Feminizid im Fall von Shengal, halten wir
es für Notwendig diesen 73. Völkermord gegen die Êziden im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts aus weiblicher Perspektive zu untersuchen.
Die gesonderte Betrachtung des Feminizid sehen wir dabei als unumgänglich. Aus dieser Notwendigkeit heraus organisieren wir der Dachverband des Êzidischen Frauenrats e.V. – SMJÊ und das kurdische Frauenbüro für Frieden CENI e.V. eine internationale Shengal-Konferenz unter dem Titel:
“GENOZIDALE ANGRIFFE AUF ÊziDISCHE FRAUEN UND WEGE DES WIDERSTANDS GEGEN VÖLKERMORD”