Mosul – Die Herrschaft des IS über Mosul ist beendet. Am 10. Juni 2014 hatte der IS Mosul, ohne auf den geringsten Widerstand zu stoßen, kampflos übernehmen können, nachdem die mehr als 60.000 irakischen Soldaten, die in der Stadt stationiert waren, in der Nacht Mosul verlassen hatten. Bei der Besetzung soll der IS Unterstützung von einigen sunnitischen Stämmen, dem damaligen Gouverneur von Mosul und ehemaligen getreuen Saddam Husseins erhalten haben.
Während der IS in der Stadt einzog hatten viele Konsulate und Auslandsvertretungen ihr Personal aus Sicherheitsgründen abzogen, das Personal der türkischen Botschaft blieb. Entsprechende Angebote an die türkische Botschaft ähnlich zu handeln wurden von dieser abgelehnt, es hieß: „man benötige keine Unterstützung“. Daraufhin konnten die Angehörigen der türkischen Botschaft erst Monate später kurz nach dem Angriff des IS auf Kobanê am 15. September 2014 über Girê Spî (Til Ebyad) wieder zurück in die Türkei. Der türkische Präsident Erdoğan kommentierte dies und erklärte: „Wir haben sie mit einer erfolgreichen Operation gerettet“, sein Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hingegen bezeichnete es als „diplomatischen Erfolg“. So mancher mutmaßte, es sei wohl eher Ergebnis türkischer Unterstützung für den IS beim Angriff auf Kobanê. Diese habe möglicher Weise auch die anfängliche Ablehnung der Türkei der internationalen Allianz im Kampf gegen den IS beizutreten, honoriert. Viele sahen darin jedoch eher ein abgekartetes Spiel zur Unterstützung des IS, ohne dass die Türkei deshalb auf allzu große Proteste auf internationaler Ebene stoßen würde.
Mit Mosul hatte der IS die älteste Stadt des Nahen Ostens mit strategisch wichtigen Handelswegen unter seine Kontrolle gebracht. Neben beachtlichen Erdölvorkommen verfügt Mosul über einen wichtigen Staudamm. Darüber hinaus lagerten die Geldreserven der Zentralbank dort, ebenso ein erhebliches Arsenal an Waffen und Militärgütern, die zu einem erheblichen Teil die USA nach der Besatzung 2003 dort zurück gelassen hatte. Nach „Einnahme“ Mosuls änderte der IS seinen Namen und verkündete das Kalifat. Anschließend begann er seinen Feldzug gegen Telafer, Şengal, Maxmûr, Rakka usw. Erst die Niederlage gegen den sich formierenden Widerstand in Kobanê stoppte den Vormarsch des IS. Erstmals wurde der schier „Unbesiegbare“ besiegt und so mancher mutmaßte, dass die Niederlage gegen Kobanê der Anfang vom Ende des IS sein könnte.
Am 17. Oktober 2016 um 1.40 Uhr begann die Operation zur Vernichtung des IS in Mosul. An der Militäroperation beteiligten sich die irakische Armee, Polizei- und Antiterroreinheiten. Die schiitische Miliz Heşdî El Şabi, die mittlerweile Teil der irakischen Armee geworden ist, 30.000 Angehörige der Pêşmerge, 3.000 Mitglieder der Ninnova Muhafızları (ehemals Heşdî El Wetenî, welche in Başika von türkischen Einheiten ausgebildet worden war, und 8.000 Mitglieder sunnitischer Stämme. Unterstützung erhielt die militärische Operation von der internationalen Allianz unter Führung der USA mit Schlägen aus der Luft und dem Einsatz von etwa 600 amerikanischen Militärberatern am Boden. Von zwei Fronten wurde die Operation auf Mosul durchgeführt. Die irakischen Kräfte und mit ihr die Heşdî El Şabi griffen Mosul von Südosten an während die Pêşmerge und sunnitische Gruppen einen Monat später damit begannen von Nordwesten her auf die Stadt vorzurücken.
Während der Vorbereitung zur Operation hatte die Türkei Forderungen hinsichtlich ihrer Teilnahme an der Operation gestellt. Sie sprach sogar davon ihre eigenen Grenzen in Frage zu stellen. In der Folge kam es zu großen Spannungen zwischen Erdoğan und dem irakischen Staatspräsidenten Abadi, der in Abadis Forderung, die Türkei möge ihre Einheiten aus Başika abziehen, gipfelte – was sie allerdings bis heute nicht getan hat. Allerdings blieb ihr auch eine direkte Beteiligung und Mitsprache bei der Operation in Mosul verwehrt.
9 Monate nach Beginn der Militäroperation meldete heute die irakische Regierung das offizielle Ende der dreijährigen Herrschaft des IS über Mosul.
ANF, 09.07.2017, ISKU