Bakur/Nordkurdistan – Samstagnacht wurde in Dilok (Antep) ein Anschlag auf eine kurdische Hochzeitsgesellschaft verübt. Betroffen ist der Stadtteil Beybahçe, ein Stadtteil mit kurdischer Bevölkerung. Ein Selbstmordattentäter hat sich mitten in der Hochzeitsgesellschaft in die Luft gesprengt. Mahmut Toğrul, Abgeordneter der HDP wies auf Ähnlichkeiten mit den Attentaten in Pirsûs (Suruç), Amed (Diyarbakir) und Ankara hin und mutmaßte, dass es sich bei dem Attentäter wahrscheinlich, um ein Mitglied des Islamische Staat IS handle. Er erklärte, dass es sich bei der betroffenen Familie um Mitglieder und Unterstützer der HDP handle. Die Familie stamme ursprünglich aus Sêrt (Siirt) und sei „die patriotischste Familie am Ort“. Mahmut Toğrul geht davon aus, dass „die Familie bewußt als Ziel ausgesucht worden“ ist. Auch der Zeitpunkt sei nicht zufällig gewählt worden. Einige Tage zuvor wurde Minbic vom IS befreit, möglicher Weise sei der Anschlag aus „Rache“ für die erlittene Schmach verübt werden. Eine weitere Möglichkeit sei, dass Bemühungen für die Anbahnung eines Friedenswegs auf diese Weise sabotiert werden sollte. Am gleichen Tage hatte die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans KCK ein Deklaration veröffentlicht, in der sie erklärte, dass sie für eine politische Lösung des Konflikts weiterhin offen sei, zuvor jedoch ernste Schritte vom türkischen Staat erwarten würden.
Der Kovorsitzende der HDP Selahattin Demirtaş sagte nach dem Attentat seinen Besuch in Süd-Afrika ab und kam gemeinsam mit der HDP-Delegation. Auch Selahattin Demirtaş glaubt nicht an einen Zufall. Er erklärte gegenüber der Presse: „Nach dem Massaker von Pirsûs wurden in Serê Kanî (Ceylanpınar) zwei Polizisten im Schlaf ermordet. Das war ein berechnetes Szenario, um einen Krieg vom Zaun zu brechen. Leider waren sie damit erfolgreich. Seit etwa einem Jahr tobt im Brennpunkt der kurdischen Frage ein Krieg. Als am 10. Oktober das Massaker in Ankara geschah, stand Seitens der KCK die Ausrufung eines Waffenstillstands auf der Agenda. Das Massaker verhinderte dies. Die, die das Massaker verübten, erreichten ihr Ziel. Gestern hat die KCK eine Erklärung abgegeben die einem Waffenstillstand hätte den Weg ebnen können. Und da passiert der Angriff in Dilok. Das ist kein Zufall. Weder die Betroffenen noch der Ort sind zufällig gewählt.“
Inzwischen mehren sich Meldungen, nach denen das Attentat möglicherweise hätte verhindert werden können. Bei den Ermittlungen zum Attentat in Ankara ist die Staatsanwaltschaft auf Hinweise gestoßen, nach denen Aleviten aber auch Ziele in Antalya, dort Vergnügungsstätten wie Diskotheken und Nachtlokale auch Ziele in Dilok vom IS anvisiert worden seien, konkret kurdische Hochzeitsgesellschaften.
Bei dem Attentat verloren 51 Menschen ihr Leben, 94 wurden zumeist schwer verletzt. 50 Leichname wurden mittlerweile freigegeben. Nachdem 5 bereits am frühen Morgen beerdigt worden sind, 3 weitere nach Wan (Van), Semsûr (Adıyaman) und Sêrt gebracht wurden, sind 42 bei einer gemeinsamen Beerdigungszeremonie in Dilok zu Grabe getragen worden. Bei dieser waren die Kovorsitzende Figen Yuksekdağ, die Kovorsitzende der DBP Sabahat Tuncel, der Kosprecher der HDK Ertuğrul Kurkçü und die Abgeordneten der HDP Nursel Aydoğan, İbrahim Ayhan, Behçet Yıldırım und Mahmut Togrul anwesend. Mehrere tausend Menschen kamen zusammen, um gemeinsam Abschied zu nehmen. Der Demokratische Gesellschaftskongress (DTK) hat eine der 3-tägige Trauer ausgerufen.
ANF, 21.08.2016, ISKU