Selahattin Demirtaş, der Kovorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP), hat in Amed (Diyarbakır) vor seiner Reise in die Region Cizîr (Cizre), wo es derzeit zu Razzien durch türkische Sicherheitskräfte gegen die Bevölkerung kommt, vor der anwesenden Presse eine Erklärung abgegeben.
Darauf hinweisend, dass die in 176 Orten stattgefundenen Angriffe gegen die HDP durch die Mitwirkung des Staates verübt wurden, sagte er: „Der jetzige Prozess, den wir gehen, ist kein gewöhnlicher und basiert nicht auf einen Zufall. Dieser turbulente Vorgang wird zu einem großen Bruch führen und in unserem Land wie im gesamten Mittleren Osten zu Veränderungen führen.“
Zu den andauernden Bemühungen der HDP für Frieden sagte Demirtaş: „ Unglücklicherweise konnten wir kein Ergebnis erzielen, sodass das Blutvergießen und Sterben weitergeht. Wir haben leider versagt diesen Schmerz zu beenden.“
Er sagte, dass Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Premierminister Ahmet Davutoğlu trotz ihrer Bemühungen auf Basis ihrer moralischen und pflichtbewussten Verantwortung diesen Krieg begonnen haben. Demirtaş erinnerte daran, dass die HDP gegründet wurde, um den gesellschaftlichen Frieden zu stärken und ein Nebeneinander zu garantieren.
An die Adresse der Angreifer, die landesweit die HDP-Büros zerstören, sagte er: „Diejenigen, die nur demonstrieren wollen, haben wie wir alle das Recht, protestieren zu gehen. Wir haben ihnen nichts zu sagen, wir können uns ihre Kritik anhören und versuchen, sie zu verstehen. Allerdings zählen diese Menschen nicht zu denen, die von der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung)und dem MIT (türk. Geheimdienst) gesteuert werden. Diese wurden nämlich einer nach dem anderem bestimmt und als Auslöser zugewiesen. Die Taten derer, die die Büros der HDP, Häuser kurdischer ZivilistInnen und Zelte von SaisonarbeiterInnen niederbrennen, stellen ein Verbrechen dar, für die sie verurteilt werden und innerhalb der nächsten 20 Jahren verhaftet werden können. Keine Regierung steht hinter ihnen. Die Regierung ist bereits gefallen. Wenn ihr weiter darauf besteht, dass eure Taten „heldenhaft“ sind, wird das euer Urteil sein, wenn ihr vor Gericht steht, während die Regierungsmitglieder ihre Machtposition verlieren und weggehen werden.“
Erdoğan und Davutoğlu haben sich seit Tagen die HDP als Ziel auserkoren und sind für die Toten verantwortlich. Demirtaş ruft die Staatsanwaltschaft dazu auf, mit Gewissen und Würde nach Beweisen für diese Behauptungen zu suchen und, falls die Behauptungen sich bewahrheiten, die HDP und ihre Offiziellen zur Rechenschaft zu ziehen.
Nachdem türkische Medien behaupten, dass er den Befehl zum Angriff auf die Soldaten in Dağlıca gegeben haben soll, verlangt Demirtaş von der Staatsanwaltschaft und den Gerichten eine Untersuchung dieser Vorwürfe, um herauszubekommen, wer wirklich den Befehl für den Vorfall in Dağlıca gegeben hat.
Als die Berichte über Tote von Dağlıca kamen, genoss der Premierminister gerade ein Fußballspiel in Konya.
Der HDP-Vorsitzende rief die Menschen im Westen des Landes dazu auf, Geschwisterlichkeit inmitten des fortlaufenden Konflikts und den anti-kurdischen Angriffen im Land zu zeigen. „Wenn Türken und Kurden dazu bestimmt sind sich die Hände zu reichen, dann ist jetzt der Richtige Zeitpunkt dafür.“
Demirtaş sagte, dass er selbst viele Male mit türkischen Beamten zusammen traf, um ein Ende der Angriffe auf die HDP und die KurdInnen zu erreichen, aber der Gouverneur von Ankara war im Gespräch mit ihm unverschämt und respektlos und entschied sich dafür, die Angriffe und das Anzünden der HDP-Zentrale in der Hauptstadt zu übersehen. Er ermahnte den Gouverneur nicht Teil dieser ein Verbrechen darstellenden Angriffe zu sein, da alle, die daran beteiligt sind, vor Gericht gebracht werden.
Die Menschen aufrufend, sich von diesen Provokationen nicht täuschen zu lassen, erinnert Demirtaş an das selbst im türkischen Strafgesetzt verankerten legitimen Recht auf Selbstverteidigung und sagte, dass alle angemessenen Selbstschutz betreiben sollten. Er gelobte das Sterben zu beenden und Frieden ins Land zu bringen.
In Hinblick auf die Situation in Cizîre fragt Demirtaş: „Glaubt ihr, dass die Menschen in Cizîre es bereuen die HDP gewählt zu haben und ihre Stimme am 1. November der AKP geben? Was wird sich verändern? Wir werden stärker sein.“ Er sagte weiter, dass sie sich bemühen werden, eine Veränderung der jetzigen Situation hin zu einer normalen Entwicklung ohne Gewalt zu gewährleisten und forderte ein Ende der Ausgangssperre.
Auf die Frage,das sein Aufruf für eine Waffenruhe die Konfliktparteien nicht erreicht habe, sagte Demirtaş, dass sein Aufruf schon von beiden Seiten beantwortet wurde, indem Erdoğan schwor, dass der Krieg weiter geht, und indem die KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) meinte, dass sie für eine gemeinsame Verhandlung und Waffenruhe bereit sei. Demirtaş betonte, dass sie bereit sind alles zu tun, um Bedingungen für einen Frieden zu schaffen, und fügte hinzu: „Was haben der Präsident und der Premierminister von der HDP erwartet, während sie selbst das Land ins Chaos stürzten?“
In Bezug auf Cizîre sagte Demirtaş, dass sie so lange da bleiben, bis die Ausgangssperre aufgehoben wird und die Dinge wieder normal laufen.
ANF, 09.09.15, ISKU