Karayılan: Historischer Frühlingsprozess hat begonnen

Murat Karayılan

Murat Karayılan | Foto: unbekannt

BEHDINAN – Der Oberkommandierende der kurdischen Volksverteidigungskräfte (HPG – Hêzên Parastina Gel), Murat Karayılan verlass am 30. Todestag von Mahsum Korkmaz, Kampfname Egîd, eine Botschaft an alle Guerillas. Die Botschaft erreichte per Funk sowohl die Guerillakräfte in Başûr (Südkurdistan), als auch in Bakûr (Nordkurdistan). Karayılan betonte die außerordentlich wichtige Rolle von Mahsum Korkmaz für die kurdische Freiheitsbewegung. Zudem ging er auf den Widerstand in den kurdischen Städten und die anhaltende menschenverachtende Politik der AKP ein. Er erklärte, dass die kurdischen Guerillakräfte den kommenden historischen Frühlingsprozess nutzen und dass die Völker Kurdistans letztlich siegen werden. Karayılan machte noch einmal deutlich, dass es in den kommenden Monaten zu einer Offensive der Guerilla kommen wird.

Im Folgenden werden einige Punkte aus Murat Karayılan’s Botschaft ausgeführt:

‚ERFOLG UND EIN KÄMPFENDER GEIST, DAS IST HEVAL EGÎD FÜR UNS‘

Dreißig Jahre sind seit dem Tod unseres Kommandeurs Egîd vergangen. Und trotz dieser langen Zeit, erreicht der Kampf Heval Egîd’s nun eine neue und entscheidende Phase. Wir gedenken Kommandant Egîd an seinem 30. Todestag, er fiel als Märtyrer in unserem Kampf um Freiheit und Anerkennung. Wir legen heute erneut unser revolutionäres Versprechen gegenüber ihm und allen anderen gefallenen Revolutionär*innen Kurdistans ab. Der kurdische Freiheitskampf wird ihr Andenken immer bewahren.

Heval Egîd war Seele, Haltung und die Richtung, um Kommandant*in zu werden. Abseits all dessen war er jedoch vor allem ein Symbol für Erfolg und Offensive. Vor 32 Jahren, am 15. August 1984 begannen 32 Kämpfer*innen unter dem Kommando von Heval Egîd den Weg Richtung Freiheit. Ihr Kampf hat Geschichte geschrieben und Kommandant Egîd hat heute zehntausende Kämpfer*innen und Millionen Freund*innen und Genoss*innen.

‚ERDOĞAN WIRD VERLIEREN, GANZ WIE KENAN EVREN VERLOR‘

Als am 15. August der bewaffnete Kampf gegen die türkische Besatzung aufgenommen wurde, erklärte der damalige Präsident der Türkei, Kenan Evren, dass die Täter innerhalb von 72 Stunden gefangen und vor Gericht gebracht werden würden, unabhängig davon wo sie sich versteckten. Seit dem sind 32 Jahre vergangen und der erste Schritt einer kleinen Gruppe hat sich in eine Bewegung zehntausender Guerillakämpfer*innen und Millionen von Menschen verwandelt. Die Seite die bei diesem Prozess verlor, war der türkische Kolonialismus, der auf Verachtung, Unterdrückung und Assimilation beruht. Sie dachten, dass sie unsere Bewegung durch die Macht der NATO und internationale Verschwörungen besiegen können, doch unsere Bewegung ist heute stärker, als je zuvor. Die kurdische Freiheitsbewegung ist eine zentrale Kraft im Mittleren Osten und der Geist der kurdischen Guerilla in den Bergen hat sich auf die Jugend in den Ebenen und Metropolen ausgeweitet. Erdoğan wird scheitern und eine Niederlage erleiden, so wie Kenan Evren damals, als er scheiterte die Guerilla innerhalb von 72 Stunde zu zerschlagen. Im Herbst letzten Jahres hat die AKP im Zuge ihres Kolonialismus behauptet den Widerstand in den Städten innerhalb eines Monats zu vernichten. Dennoch brennt das Feuer des Widerstand in den Städten auch nach über 7 Monaten weiter.

Erdoğan weiß, dass er die kurdische Guerilla nicht besiegen kann, er führt diesen Krieg um seine Machtposition zu stärken und zu festigen. Der türkische Staat versucht unter dem Vorwand der „Sicherung der öffentlichen Ordnung“ den Widerstandsgeist der Bevölkerung in den Städten zu schwächen. Er versucht auch uns Schaden in den Bergen zuzufügen, damit unsere Gegenoffensive im Frühjahr geschwächt ist. Aber der türkische Staat hat uns nicht geschwächt. Es stimmt zwar, die Armee hat die Medya Verteidigungsgebiete und Bakûr (Nordkurdistan) vielfach angegriffen, aber ihre Angriffe waren zwecklos. Der türkische Staat versuchte auch unsere Kräfte in Şêngal mit Hilfe der südkurdischen Barzanî-Regierung zu schwächen, aber die kurdische Guerilla vereitelte ihre Pläne und spielte eine zentrale Rolle bei der Befreiung von Şêngal. Unsere Guerilla hat den strategisch wichtigen Ort Medîban ohne Luftunterstützung befreit. Und heute spielen die kurdischen Volksverteidigungskräfte eine bedeutende Rolle bei der Befreung von Mosul und Til Afer.

Der türkische Staat versuchte selbst auf diplomatischer Ebene die Revolution in Rojava zu zerschlagen, so sagte selbst Erdoğan: „Entweder wir oder sie“. Die türkische Regierung versuchte internationale Kräfte gegen die Revolution in Rojava einzusetzen, aber sie scheiterten und die Revolution wuchs weiter und nun wurde die Nordsyrische Föderation ausgerufen unter aktiver Beteiligung der arabischen Bevölkerung in der Region.

‚DIE AKP HAT ANGST, DENN SIE TRÄGT DIE SCHULD‘

Die diplomatischen und militärischen Misserfolge, gepaart mit dem wachsenden Widerstand der kurdischen Bevölkerung, versetzt die AKP in Angst. Ein Anzeichen dessen ist, dass sämtliche AKP Politiker*innen in ihren Reden immer wieder betonen, dass sie keine Angst hätten. Letztes Jahr versuchten sie uns endgültig zu brechen und nun betonen sie lautstark, dass sie keine Angst davor haben gebrochen zu werden. Aber wir wissen, dass sie Angst haben, Angst ist die Realität in Kurdistan, sie haben sich schuldig gemacht. Sie verbrannten unbewaffnete Zivilist*innen in Cizîr (türk. Cizre) und zerstörten kurdische Städte. Sie haben Angst wegen ihrer eigenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

‚DIE GEFALLENEN IN SÛR UND CIZÎR STARBEN FÜR DEN SIEG‘

Als die türkische Armee gegen die städtischen Selbstverteidigungen vorging, warnten wir sie, dass wir intervenieren würden, wenn sie den Krieg in die Städten brächten. Sie setzten Panzer ein und zerstörten Städte, als sie die Jugendlichen angriffen, während diese ihre Viertel lediglich mit Schrottflinten und Kalashnikovs verteidigten. Ihr wahres Ziel war die Zerstörung der kurdischen Städte und die Niederschlagung der Bevölkerung und der Jugend durch ihre brutalen Angriffe.

Trotz alledem war der Widerstand in Sûr und Cizîr gegen die kolonialistischen Angriffe ein historischer. Wir haben Gefallene, aber sie starben nicht umsonst, sondern für den Sieg. Dies ist der Geist unserer Zeit. Mit diesem Geist ist es möglich zu siegen, lernen wir aus der Vergangenheit und versuchen wir Neues.

‚DIE HPG WIRD NUN EINGREIFEN‘

Der Frühling ist nun da und somit wird von nun an die HPG in das Geschehen aktiv eingreifen. Die Offensive der Guerilla wird dabei nicht in den Städten statt finden, sondern von den Bergen aus, die Selbstverteidigung der kurdischen Jugend in Form der YPS (Yekîneyên Parastina Sivîl – Zivilen Verteidigungseinheiten) unterstützen. Die Aktion der HPG auf den Militärposten in Mermer zeigt einen erfolgreichen Schritt in diese Richtung.

Hätte die türkische Armee die Städte nicht angegriffen, dann müsste die Guerilla nun nicht intervenieren. Aber wir müssen jetzt eingreifen, der türkische Staat zwingt uns dazu. Es gab keinen Grund für diesen Krieg. Die Gräben und Barrikaden hätten friedlich beseitigt werden können, wenn der Staat anders auf die Probleme regaiert hätte.

Die Forderung der Menschen nach Autonomie ist ein universelles Recht. Verschiedene Kulturen und Sprachen existieren friedlich und respektvoll nebeneinander auf die Welt unter der Bedingung der Autonomie. Die Forderung der Völker Kurdistan nach Autonomie ist legitim und der Widerstand gegen die Angriffe auf diese Forderung, ist der Widerstand der Demokratie und der Freiheit. Der Kampf um die Autonomie Kurdistans demokratisiert die Türkei, aber nun wird die Guerilla vor allem den Widerstand gegen den türkischen Staat unterstützen, der die Autonomiebestrebungen mit Panzern und Artillerie vernichten will.

‚DIE FREIHEIT DES VORSITZENDEN APO IST DER EINZIGE WEG DER LÖSUNG‘

Türkische Abgeordnete sollten wissen, dass sie diesen Krieg nicht gewinnen können. Städte, Berge, Täler, der Widerstand ist überall. Sie müssen der Realität ins Auge blicken. Das Erdoğan Regime darf keinen Jugendlichen mehr töten, egal ob kurdisch oder türkisch, es muss einer Lösung zustimmen. Die Freiheit des Vorsitzenden Abdullah Öcalan und die Autonomie der Völker Kurdistans ist der einzige Weg der Lösung. Es gibt keine Alternative.

‚DER ERFOLG IST UNSERE PFLICHT‘

Ein historischer Frühling entwickelt sich und wir begrüßen ihn mit guten Voraussetzungen. Wir sind so stark wie nie zuvor und können diese Chance nutzen, um geeignete Schritte einzugehen. Trotzt der vielen Bombardements während des Winters, konnte der Guerilla kein ernsthafter Schaden zugeführt werden, ganz im Gegenteil hat sie sich auf den Frühling Tag für Tag vorbereitet. Wir vertrauen unserer Guerilla, so wie der Vorsitzenden in die Völker Kurdistans vertraut.

Es ist unsere Pflicht in diesem Prozess erfolgreich zu sein. Unsere Ziele sind klar: „Freiheit für Apo, Autonomie für Kurdistan, Demokratie für die Türkei“. Es wird keine friedliche Lösung geben, wenn es keine Freiheit für Abdullah Öcalan gibt. Wir müssen dabei mit den kreativsten Taktiken arbeiten, um unsere Aufgabe zu erfüllen und den Vorsitzenden in die Freiheit zu holen.

Wir vertrauen in unsere Kämpfer*innen, sie werden zielgerichtet kämpfen und auf dieser Grundlage wird sich unser Erfolg abzeichnen. Wir werden mit dem Geist unseres heldenhaften Heval Egîd handeln und so letztendlich siegen.

ANF, 29.03.2016, ISKU

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