Rojava/Nordsyrien – Aldar Xelil, Mitglied der Demokratischen Verwaltung Rojavas, erklärte in einem Interview gegenüber ANF, dass die Demokratische Verwaltung Rojavas und die Organisation Teyar El-Xed El-Sûrî (Şepêla Sibe ya Sûriyeyê/Sabah Dalgası Hareketi) am 10. September eine Übereinkunft in Ägypten unterzeichnet haben. Der Vertrag von Ägypten umfasst 7 Punkte, die Grundlage einer politischen Lösung der Konflikte in Syrien sein sollen. Die erste Zusammenkunft zwischen ihnen soll es im September 2015 gegeben haben, die zweite im September 2016. Im Dezember wäre man bereits so weit überein gekommen, dass man sich über einen Bündnisbeschluss geeinigt habe. Auf Wunsch der Organisation Teyar El-Xed El-Sûrî wäre jedoch Stillschweigen über die Übereinkunft gewahrt worden. Die Teyar El-Xed El-Sûrî habe sich organisatorisch gesammelt und ihren Kongress abgehalten, aus dem sie neustrukturiert gestärkt hervor gegangen sei. Nach dem 2. Treffen habe man dann am 10. bzw 11. September in einer gemeinsamen Pressekonferenz auch die Öffentlichkeit über die Übereinkunft informiert. Zu den Treffen kamen jeweils Delegationen der beiden Parteien zusammen.
Teyar El-Xed El-Sûrî ist eine arabische Organisation. Sie verfügt im Gebiet Deyr Zor und Umgebung über viel Einfluss. Ihre Mitglieder entstammen vor allem dem Stamme Şamar. In den Jahren zwischen 2014 und 2015 hat der Islamische Staat IS den Stamm der Şamar schwer angegriffen. In einer einzigen Nacht wurden allein 700 Mitglieder des Stammens ermordet. Insgesamt wurden tausende Jugendliche des Stammes von Seiten des IS gemeuchelt. Viele Mitglieder des Stammes verließen in dieser Zeit ihr Gebiet und wurden zu Flüchtlingen.
Im ersten Paragraphen der Übereinkunft wird festgehalten, dass „die syrische Revolution von ihrer Linie abgewichen ist und das Land damit einer großen Gefahr ausgeliefert ist“. In Syrien kam es 2011 zum Volksaufstand, es entstand eine revolutionäre Phase. Durch direkte und indirekte Interventionen regionaler und internationaler Kräfte wandelte sich dies zu einem Bürgerkrieg, aus dem nur sehr schwer wieder herauszukommen ist. Es besteht der Reihe nach die Gefahr der politischen, sozialen, kulturellen und geographischen Aufspaltung Syriens.
Im zweiten Paragraphen wird „das Blutvergießen in Syrien angesprochen und die Verantwortung dafür regionalen Kräften angelastet“. Im gleichen Absatz wird auch ein Aufruf an Saudi Arabien gerichtet. Adar Xelil betont, dass sie die Hoffnung hegen, dass die Länder der Region, allen voran Saudi Arabien, in Zukunft darauf verzichten, dem IS oder den Gruppen unter dem Dach der Nationalen Koalition Syriens Unterstützung zukommen zu lassen.
Im dritten Paragraph wird darüber gesprochen, dass „die Notwendigkeit besteht, eine nationale Kraft, die alle Syrer vertritt und eine demokratische Delegation zu bilden“. Adar Xelil weist darauf hin, dass zuvor der Rat des Demokratischen Syriens(MSD) gebildet worden war. In ihm waren alle Völker Syriens vertreten. Die eigentliche Aufgabe des Rates bestand darin, verschiedene Völker und Religionsgemeinschaften zusammenzubringen und auf den Prinzipien von Freiheitlichkeit, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung eine Annährung zwischen ihnen zu initiieren. Der Rat hat das gemacht und damit eine neue Phase eingeleitet, erklärte Adar Xelil. In der Phase sei mit allen, die über die Zukunft Syriens mitbestimmen wollten, Gespräche geführt worden. Auch die Gespräche und die Vereinbahrung zwischen der Demokratischen Verwaltung Rojavas und Teyar El-Xed El-Sûrî fußten letztlich auf dieser Phase. „Allerdings ist uns während der Gespräche mit Teyar El-Xed El-Sûrî aufgefallen, dass ihnen unser Projekt der Rojava-Nordsyrien Föderation unklar ist. Deshalb schlugen wir die Gründung eines gemeinsamen Komitees vor, das allen gesellschaftlichen Kreisen mit einfachen Worten das Projekt erklären soll. Denn wir wünschen uns die Beendigung des seit 6 Jahren andauernden Krieges in Syrien und möchten die Suche und Bündnisse für eine demokratische Lösung entwickeln,“ so Xelil.
Ein weiterer Punkt ist „ein gemeinsames Leben und ein Staatssystem das nicht zentral ausgerichtet ist“. „Unter einem Staatssystem, das nicht zentral regiert wird, verstehen wir ein föderales System. Jedem ist klar, das Syrien nicht wie ehemals zu regieren ist. Niemandem ist an einem System gelegen, indem alles in einer Hand ist und das sich von Zeit zu Zeit unter Gewaltanwendung gegen das Volk wendet. Es ist nicht möglich, dass erneut das System eines zentralistischen Staates in Syrien an Einfluss gewinnt, gleiches gilt auch für den Nahen Osten. Ohnehin hat das Volk in Syrien genau mit dieser Forderung den Aufstand (2011) begonnen.
Die Völker Syriens, die den Wandel suchten, werden sich auch nicht ihre Zukunft von regionalen oder internationalen Kräften vorzeichnen lassen. Die Völker Syriens möchten ihre Zukunft selbst bestimmen. Deshalb werden verschiedene Lösungsansätze vorgeschlagen und deren Praxis vorgestellt. Einer dieser Lösungsansätze ist das demokratisch föderale System. Das demokratisch föderale System bringt verschiedene Völker und Religionsgemeinschaften auf der Grundlage von Freiheitlichkeit, Gleichheit und Gerechtigkeit zusammen und bietet ihnen ein neues Leben. Schritte die auf die Übereinkunft von Ägypten folgen und auf ihr fußen werden die Zukunft Syriens und ihre Völker prägen,“ so Xelil.
ANF, 17.09.2016, ISKU