Bakur/Nordkurdistan – Die erste Grundschule in Bakur/Nordkurdistan (Türkei), die ihren Unterricht in der Muttersprache Kurdisch gab, wurde am 9. Oktober zwangsgeschlossen. Die Grundschule Ferzad Kemanger befand sich in Amed (Diyarbakır) im Kreis Bağlar. Benannt war sie nach dem kurdischen Lehrer Ferzad Kemanger, er ist im Mai 2010 vom iranischen Regime hingerichteten worden. Seit Eröffnung der Grundschule am 26. September 2014 erhielten 238 Kinder zwischen 5 und 11 Jahren dort ihre Schulbildung. Die Schule hatte bereits 2013 mit dem Unterrichten begonnen. 2014 wurde sie von der Polizei angegriffen. Während dutzende Kinder im Unterricht waren, stürmten Polizeikräfte die Schule. Die Eltern setzten sich anschließend unzählige Male für ihre Schule ein und so konnte sie letztendlich weiter machen. Die Schule war zwar offiziell als Privatschule eingestuft, die Schüler mussten jedoch keine Unterrichtsgebühren bezahlen. Neben Fremdsprachen wie Englisch wurde hier auch die türkische Sprache gelehrt. Der Unterricht erfolgte jedoch auf Kurdisch. Mittagessen und bei Bedarf ein Schulbus wurden von der Schule gestellt, auch die Schuluniformen. Die Grundschule verfügte zuletzt über 18 Lehrer. Sie erhielt keine Finanzen vom Ministerium für Bildung sondern bestritt ihre Kosten alleinig aus Spenden von sie unterstützenden Organisationen und Privatpersonen. Die Grundschule wurden auf Beschluss des örtlichen Gouverneurs am 10.10.2016 erneut von der Polizei geschlossen.
Amed, Gever (Yüksekova) und Cizîr (Cizre) waren 2014 als Orte für das Pilotprojekt des muttersprachlichen Unterrichts ausgewählt worden.
In Cizîr war 2014 die Grundschule Berivan (Dibîstana Sereteya Berivan) eröffnet worden. Sie war im Stadtteil Nur angesiedelt. Obwohl sie drei Mal zwangsweise geschlossen wurde, hat sie bis letztes Jahr kurdischsprachigen Unterricht erteilt. Nach Einsetzung eines Treuhänders in Cizîr – anstelle des von der Bevölkerung gewählten Bürgermeisters – wurde der Unterricht an der Schule eingestellt.
In Gever war ebenfalls 2014 eine Grundschule eröffnet worden. Sie trug den Namen Üvenş Ana Grundschule. Sie befand sich im Stadtteil Esentepe. Bei Eröffnung zählte sie 100 Schüler. Die Schule, die von KURDÎ-DER gegründet wurde, ist im Laufe der Zeit unzählige Male von der Polizei angegriffen und geschlossen worden. Aufgrund des anhaltenden Widerstand der Eltern konnte die Schule trotzdem weiter unterrichten, musste jedoch in den Stadtteil Orman ausweichen. Mit der über Gever verhängten Ausgangssperre wurden ihre Räume von staatlichen Kräften geplündert und als Kommandozentrale missbraucht. Zuletzt zog sie in den Stadtteil Yenimahalle. Es gelang ihr in der Kürze der Zeit nicht die Vorbereitungen für das neue Schuljahr abzuschließen. So musste sie mit Beginn des neuen Schuljahrs geschlossen bleiben.
Yeni Özgür Politika, 11.10.2016, ISKU