Vorsitzender der Rechtanwaltskammer Diyarbakir vom türkischen Staat ermordet

Pressemitteilung von Civaka Azad, Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., 28.11.2015

Am Vormittag des 28. November wurde Tahir Elçi, Vorsitzender der Rechtsanwaltskammer von Diyarbakir, durch die Schüsse der türkischen Polizei ermordet. Der Vorfall ereignete sich im Stadtteil Sur, wo der 49-jährige Elçi auf einer Pressekonferenz bzgl. des Schutzes des vierbeinigen Minaretts, ein Wahrzeichen von Diyarbakir, gesprochen hatte. Angeblich ist es nach der Pressekonferenz zu einem Schusswechsel zwischen einer Person und der Polizei gekommen. Bei dem Schusswechsel ist laut Angaben des türkischen Innenministeriums neben Elçi auch ein Polizist getötet worden. Auf einem Video, das kurz nach dem Vorfall im Internet auftauchte (siehe Link unten), ist zu sehen, wie zwei Zivilpolizisten mehrfach in Richtung der Gruppe schießen, in der sich auch der Elçi aufhielt. Ein Bild nach seiner Ermordung zeigt Elçi regungslos am Fuß des vierbeinigen Minaretts liegen. Auffällig ist, dass wohl jemand eine Waffe neben dem Leichnam von Elçi platziert hat.

Nach der Ermordung von Elçi erklärte der Gouverneur von Diyarbakir eine Ausgangssperre für den Stadtteil Sur.

HDP: Gezielter Mordanschlag auf Elçi

Die HDP spricht in einer ersten Erklärung davon, dass ein gezielter Mordanschlag auf den Vorsitzenden der Rechtsanwaltskammer von Diyarbakir verübt worden ist. In der Erklärung heißt es weiter, dass die AKP-Regierung und die ihr nahestehenden Medien in jüngster Vergangenheit eine Lynchkampagne gegen Elçi geführt hätten. „Weil sie seine Gedanken und seinen Kampf nicht ertragen konnten, haben sie mit diesem Mord ihn zum Schweigen bringen wollen“, so die HDP.

Türkische Rechtsanwaltskammer: Erst nach dem Mord an Elçi kam es zum Schusswechsel

Der Vorsitzende der Türkischen Rechtsanwaltskammer Metin Feyzioğlu spricht davon, dass es erst nach der Ermordung von Elçi zu einem Schusswechsel gekommen sei. Damit widerspricht er explizit der Version des türkischen Innenministeriums. „Wir weinen Blut“, erklärte Feyzioğlu und rief alle Vorsitzenden der örtlichen Rechtsanwaltskammer in der Türkei dazu auf, nach Diyarbakir zu reisen.

Warum war Elçi auf der Zielscheibe?

Mitte Oktober dieses Jahres hatte Tahir Elçi bei der Politsendung „Tarafsiz Bölge“ des Senders CNN Türk vor laufenden Kameras in Diskussion mit einem MHP-Abgeordneten erklärt, dass die PKK keine Terrororganisation sei. Daraufhin wurde er durch die türkische Regierungspartei und ihr nahestehende Medien zur öffentlichen Zielscheibe gemacht. Während gegen Elçi ein Verfahren mit einer Haftforderung von bis zu 7,5 Jahren eröffnet werden sollte, wurde dem Fernsehsender CNN Türk eine Geldbuße von 700.000 TL (ca. 225.000 Euro) verhängt.

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