Der Frauen*protest gegen den G20-Gipfel wird laut und vielfältig

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Als Verband der Frauen aus Kurdistan in Deutschland (YJK-E) und Cenî, Kurdisches Frauenbüro für Frieden, verurteilen wir die frauenfeindliche, auf Ausbeutung und Unterdrückung basierende G20-Politik. Die G20-Staaten repräsentieren eine Politik der Herrschaft und ein Wirtschaftssystem, das den Menschen, die Natur und dem Leben an sich zerstörerisch entgegensteht.

Die Regierungsvertreter, die sich Anfang Juli in Hamburg treffen, sind die Vertreter des kapitalistischen Finanzwirtschafts- und Ausbeutungssystems, dessen Ziel es ist, die finanziellen Verluste ihrer Krise auf die Bereiche und Menschen abzuwälzen, die am allerwenigsten dafür verantwortlich sind. Schon Rosa Luxemburg beschrieb, dass der Kapitalismus ohne die Ausbeutung immer neuer – noch nicht kapitalistisch eroberter Quellen – nicht fortbestehen kann. Daher versucht das Wirtschaftssystem, immer weiter in alle Lebensbereiche des Menschen vorzudringen.

Es ist von großer Bedeutung, den Zusammenhang zwischen Patriarchat und den herrschenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Problemen zu erkennen. Das Patriarchat stellt die erste Form von Unterdrückung dar. Die Herrschaft des Mannes über die Frau war die erste Spaltung der Gesellschaft, mit der die Menschen in Unterdrückte und Unterdrücker unterteilt wurden. Aufbauend auf diesem Machtverhältnis konnten sich andere Unterdrückungsformen entwickeln, weswegen das Patriarchat in jegliche Macht- und Herrschaftsstrukturen verstrickt ist. Die patriarchale Spaltung der Gesellschaft verursachte die erste Arbeitsteilung, die später in die Klassengesellschaft führte. Sklaverei und Leibeigenschaft bauten auf den Erfahrungen der Unterdrückung von Frauen auf, und auch der Kapitalismus konnte erst auf Grund der Geschlechterunterdrückung entstehen und diese sogar noch weiter vorantreiben. Deswegen können in allen Formen der Unterdrückung patriarchale Elemente gefunden werden. Ein Kampf für Geschlechterbefreiung ist deswegen immer auch ein Kampf gegen alle Formen des kapitalistischen Systems.

Die momentane Weltlage wird maßgeblich von den G20-Staaten bestimmt. Die Methoden dieses Raubtierkapitalismus beschränken sich nicht auf Ausbeutung und Verdrängung, auch Kriege werden aus wirtschaftlichen Interessen entfacht. Gemäß der kolonialen und rassistischen Spaltung der Erde beziehen westliche Wirtschaftssysteme Tonnen von Nahrungsmitteln aus der Landwirtschaft anderer Kontinente und diktieren damit oft Monokultur, Verdrängung von einheimischen Reproduktionsinteressen und Arbeitskonditionen. Agrarfläche wird für „Biodiesel“ und Blumenzucht umfunktioniert, natürlich um Europa zu versorgen. „Im Gegenzug“ kann die europäische Wirtschaft Produktionsabfälle und Elektroschrott in den Ländern Afrikas absetzen. Westliche Konzerne graben und saugen Rohstoffe aus der Erde „ehemals“ kolonialisierter Länder. Die G20-Staaten stehen für genau diese Ordnung: Für Kapitalismus, (Neo-)Kolonialismus, Sexismus und Ausbeutung.

Deshalb kämpfen Frauen an vielen Orten der Welt gegen diese Politik – organisiert, ob bewaffnet oder mit Worten und Ideen. Die Selbstverteidigungseinheiten der kurdischen Frauenbewegung befreien seit Jahren Dorf um Dorf, Stadt um Stadt im Norden Syriens von einem islamistischen Söldner-Heer. Damit die Frauenbefreiung nach der Befreiung von Faschismus und Imperialismus weitergeht, baut die kurdische Bewegung gemeinsam mit allen Menschen, die in der Region leben, autonome Kooperativen, eigene Bildungssysteme und Selbstverwaltungsstrukturen auf, um sich vom Weltwirtschaftssystem möglichst unabhängig zu machen. Hierfür haben sie eine Rätestruktur für ein von Geschlechterrollen, Unterdrückung und Ausbeutung befreites, selbstbestimmtes Lebens gebildet. Den von Abdullah Öcalan dazu erarbeiteten Entwurf nennen wir „Demokratischen Konföderalismus“.

Die Regierenden der G20-Staaten wollen genau das verhindern: dass sich Frauen organisieren, gemeinsam nach Alternativen suchen und für eine befreite Gesellschaft kämpfen. Beim diesjährigen G20-Gipfel in Hamburg werden die Regierungschefs unter anderem auch über das Thema „Frauenförderung“ diskutieren. Dies tun sie jedoch nicht, um eine tatsächlich geschlechterbefreite Gesellschaft zu ermöglichen, sondern um Frauen noch besser in den kapitalistischen Markt zu integrieren. Dagegen wollen wir unseren Widerstand auf die Straße tragen. Eine tatsächlich geschlechterbefreite Gesellschaft lässt sich nicht mit Reformen verwirklichen, sondern nur über den gemeinsamen Aufbau eines freien, basisdemokratischen Leben ohne Kapitalismus, Rassismus und Sexismus.

Für eine organisierte Zusammenarbeit von Frauen und allen, die antipatriarchale Ziele verfolgen!

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Auch wir rufen zu Protesten gegen G20 in Hamburg auf und laden alle Frauen* ein, sich am 8. Juli an unserem Frauen*block im Block „Berxwedan Jiyan e“ (zweiter Block) bei der Großdemonstration „Grenzenlose Solidarität“ g20-demo.de 11 Uhr Deichtorplatz (Nähe Hbf), zu beteiligen.


Workshop auf dem Gipfel der globalen Solidariät (solidarity-summit.org) Jenseits von Staat, Macht und Patriachat | Feministische Wissenschaft und Praxis aus kurdischer Frauenperspektive Donnerstag, 6.7. von 11–13 Uhr in der Zinnschmelze Theaterdeck

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Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden, Tel.: +49 (0)211 598 92 -51/ Fax: -53
40009 Düsseldorf, Postfach 10 18 05, E-mail: ceni_frauen@gmx.de
www.ceni-kurdistan.com, FB: Ceni Frauen

Verband der Frauen aus Kurdistan in Deutschland (YJK-E),
Postfach 105152, 40042 Düsseldorf , E-mail: yjkfrauen@gmail.com

Rojbin Frauenrat Hamburg

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