NAV-DEM, 26.11.2015
Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e. V.
Navenda Civaka Demokratîk ya Kurdên li Almanyayê
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Weg mit dem PKK-Verbot
Freiheit für kurdische politische Gefangene
Vor 22 Jahren wurde in Deutschland das Betätigungsverbot gegen die Arbeiterpartei Kurdistans PKK verhängt und diese im Jahre 2002 auf die Terrorliste der EU und der USA gesetzt. Es folgte eine Welle der Kriminalisierung gegen KurdInnen mit Ausgrenzung aus dem sozialen und politischen Leben. Aktuell befinden sich, legitimiert durch den Paragraphen 129b (StGB), sieben Kurden, deren Engagement ausschließlich einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage und der Etablierung einer Demokratiekultur galt, als politische Gefangene in deutschen Haftanstalten.
Dieses Verbot, als rein politische Entscheidung ungerechtfertigt ausgesprochen, ist längst hinfällig. Denn es kann keinerlei Legitimation dafür geben, den stärksten Akteur im Kampf gegen den barbarischen IS und somit wichtigsten Stabilitätsfaktor in der von Konfliktlinien gezeichneten Region des Mittleren Ostens, die PKK, des Terrorismus zu bezichtigen. Die Kurden bilden ein solides Fundament für nachhaltige Veränderungen in der Region sowie eine demokratisch-pluralistische Gesellschaft jenseits von nationalistischen, patriarchalen und religiös-fundamentalistischen Vorstellungen. Es gilt, diese demokratischen Strukturen und Erfahrungswerte auszubauen und fortschrittliche Kräfte zu stärken.
Nicht vergessen werden darf die historische und aktuelle Rolle und Verantwortung des Westens – so auch Deutschlands – in der Region, insbesondere in Bezug auf die bis heute ungelöste »kurdische Frage«. Anstatt die Kriegsverbrechen gegen das kurdische Volk zu verurteilen und sich um eine politische Lösung des Konflikts verdient zu machen, setzte und setzt man auf Verbote sowie Terrorlisten. Diese stärken lediglich den rückständigen, barbarischen Kräften bzw. Staaten den Rücken und widersprechen jeglichen Demokratiebestrebungen.
Hier ist ein deutlicher und offener Kurswechsel vonseiten Deutschlands und des Westens zwingend notwendig. Dazu gehören auch und vor allem:
- die Aufhebung des PKK-Verbots
- die Streichung der PKK von der EU-Terrorliste
- die Abschaffung des § 129b Strafgesetzbuch (StGB) als Legitimation der Kriminalisierung von KurdInnen
- Freiheit für alle kurdischen politischen Gefangenen
NAV-DEM e.V. (Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland); Ceni e.V. (Kurdisches Frauenbüro für Frieden); YXK e.V. (Verband der Studierenden aus Kurdistan); KURD-AKAD e.V. (Netzwerk kurdischer AkademikerInnen); FKÊ e.V. (Föderation der Ezidischen Vereine); FEDA e.V. (Föderation der Demokratischen Alewiten); Civaka Azad e.V. (Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit); MAF-DAD e.V. (Verein für Demokratie und internationales Recht, Köln); AZADÎ e.V. (Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland); ISKU e.V. (Informationsstelle Kurdistan); Kampagne Tatort Kurdistan; Kampagne Demokratie hinter Gittern
Unterstützer*INNEN: ADHK/ Föderation der demokratischen Völker, Europa; AGIF/Föderation der Arbeitsmigrant/Innen in Deutschland; Annette Groth, MdB Die Linke; Antifaschistische Aktion Erzgebirge; ATIF (Föderation der ArbeiterInnen aus der Türkei BRD; Basisgruppe der Linksjugend [‚solid] für den Kreis Groß-Gerau, Hessen; Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.; Cansu Özdemir/ Co-Fraktionsvorsitzende/MdL Hamburgischen Bürgerschaft; Daniel Weber, Linksjugend; DIDF (Föderation der demokratischen ArbeiterInnen-Vereine; Dr. Nick Brauns, Historiker und Journalist, Berlin; Erich Kassel IGM – Delegierter Bremen; FIDEF (Föderation der ArbeiterInnen-Vereine der BRD); Gaby Schmitt; Goran Bewegung; Heinrich Schulz; Heinz Jürgen Schneider, Autor und Jurist; Joachim Legatis/ Alsfeld; Jürgen Kiefer, Verein für Sozialpsychiatrie gem. e.V., Saarlouis; Jürgen Repschläger, Stadtverordneter, Linksfraktion Bonn; Kurdische Gemeinde Berlin Brandenburg; Kurdische Kommunistische Partei; Kurt Kleffel, Hannover; Latife Fegan/Frauen Friedensinitiative Stockholm; Leo Lüdemann; MDDP/ Partei des demokratischen Wandels Mesopotamien; Michael Hiller/Böhl-Iggelheim; MLPD/Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands Zentralkomitee; Murat Cakir/ Journalist Özgür Politika; Nor Zartonk Europa; PIK islamische Partei Kurdistan; Prof. Dr. Elmar Altvater; Prof. Dr. Norman Paech; PUK/ Patriotische Union Kurdistans YNK; Rechtsanwalt Tim Engels, Düsseldorf; Ruth Rieß/Oldenburg; Sehriban Diler/ DIE LINKE. Fraktion im Hessischen Landtag; Selcuk Kaynak; Siempre*Antifa Frankfurt; SYKP/ Partei der Sozialistischen Wiedergründung; Ulla Jelpke, MdB DIE LINKE; Werner Groß; Wieland von Hodenberg Yaşanacak Dünya/devrimci proletarya /für eine lebenswerte Welt/revolutionäre ProletarierInnen; YSGP (Partei der grünen und linken Zukunft; …
Kurzbiografien der acht kurdischen Aktivisten, die sich derzeit in deutschen Gefängnissen in Straf- bzw. Untersuchungshaft befinden. Sie wurden/werden beschuldigt, Mitglied in einer »terroristischen« Vereinigung im Ausland (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB) gewesen zu sein.
Die Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden begann bereits in den 1980er Jahren, nachdem die kurdische Befreiungsbewegung im August 1984 den bewaffneten Kampf aufgenommen hat. Die Aktivitäten der Geheimdienste verschiedener EU-Länder – vornehmlich der deutschen und schwedischen – sowie der Türkei ließen nicht lange auf sich warten. Sie gipfelten in der BRD im sog. Düsseldorfer Prozess, bei dem 20 Kurd*innen des Terrorismus bezichtigt wurden. Er begann 1989 und endete im Frühjahr 1994 mit vier verbliebenen Angeklagten; zwei von ihnen kamen wegen langer U-Haft nach Urteilsverkündung frei und zwei wurden aufgrund der Aussagen eins Kronzeugen zu langen Freiheitsstrafen verurteilt.
Am 27. November 1993 verfügte der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) das PKK-Betätigungsverbot Sämtliche kurdischen Organisationen, Institutionen, zunächst alle Vereine (einige Vereine wurden später wieder zugelassen), Informationsbüros, Nachrichtenagenturen, ein Verlag sowie eine Nachrichtenagentur wurden verboten. Gleiches geschah mit Demonstrationen, Veranstaltungen, selbst Hochzeiten. Zehntausende Ermittlungsverfahren sind eingeleitet, Razzien in Vereinen und Wohnungen durchgeführt und viele Kurd*innen ins Folterland Türkei abgeschoben worden. Weil die PKK nicht nach dem Parteiengesetz verboten werden konnte – es gab sie als Partei in der BRD nicht –, konstruierten die Strafverfolgungsbehörden eine »terroristische Vereinigung« innerhalb der PKK, die sog. »Europäische Frontzentrale der PKK« (ACM), die in Deutschland tätig gewesen sei. Deshalb wurden Dutzende Aktivist*innen verhaftet und nach § 129a StGB (Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung) zu jahrelangen Freiheitsstrafen verurteilt.
1996 besuchten Beauftragte der Bundesregierung den PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan in seinem Domizil in Syrien. Es galt, eine Eskalation in der BRD zu verhindern. Öcalan sicherte den Reisenden zu, dass Kurd*innen künftig auf Gewaltaktionen in Deutschland verzichten und sich an die dt. Rechtsordnung halten würden. Gleichzeitig machte er auf die blutige Vernichtungs- und Verleugnungspolitik des türkischen Regimes gegenüber der Bevölkerung in Kurdistan aufmerksam und kritisierte, dass die Staaten der EU diesem Vorgehen nicht Einhalt gebieten.
Der Besuch hatte zur Folge, dass mutmaßliche PKK-Kader ab 1997 nicht mehr mit dem Vorwurf nach § 129a konfrontiert waren, sondern »nur« noch beschuldigt wurden, Mitglied einer »kriminellen« Vereinigung (§ 129 StGB) zu sein. Das führte nicht zu weniger Verfahren. Die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Aktivitäten blieb auf einem hohen Niveau. Die zahlenmäßig meisten Strafverfahren betrafen und betreffen nach wie vor Verstöße gegen das Vereinsgesetz. Dieses beinhaltet beispielsweise das Rufen (verbotener) Parolen, das Zeigen (verbotener) Symbole oder von Fahnen mit dem Bild von Abdullah Öcalan, wobei es hier darauf ankommt, um welches Bild es sich handelt. Auch das Spenden und Spendensammeln oder das Verkaufen (verbotener) Zeitschriften fällt unter die Verstöße nach dem Vereinsgesetz. Das Verbot wirkt sich auch auf anderen Ebenen aus:
Wegen politischen Engagements – Teilnahme an (genehmigten) Demonstrationen/Kundgebungen, Veranstaltungen mit kurdischem Themenbezug, Aktivitäten in kurdischen Vereinen etc. – werden Einbürgerungen verweigert, Asylanerkennungen widerrufen, Abschiebungen angedroht oder Kurd*innen – insbesondere Jugendliche – von Verfassungs«schutz«-Mitarbeiter*innen zu Spitzeldiensten angeworben.
Im Oktober 2010 traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen des Revisionsverfahrens eines kurdischen Politikers, der nach § 129 StGB verurteilt worden war, eine weitreichende Entscheidung. Nach islamistischen Organisationen, der tamilischen LTTE, der linken türkischen DHKP-C, wurde nun auch die PKK als »terroristische« Vereinigung im Ausland nach § 129b StGB eingestuft und deren mutmaßliche Mitglieder entsprechend strafverfolgt. Der § 129b ist im Jahre 2002 nach den Anschlägen vom 11.9.2001 im Zuge der von der Mehrheit des Bundestages verabschiedeten Schily’schen Antiterrorpakete eingeführt worden.
In diesem Zusammenhang wichtig ist der Hinweis, dass die Ermächtigung zur Strafverfolgung nach § 129b StGB grundsätzlich nur vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) erteilt wird. Die Entscheidung muss weder begründet werden noch ist sie juristisch angreifbar.
Im Falle der PKK hat das Ministerium am 6. September 2011 eine Generalermächtigung gegen alle Kurd*innen erteilt, die als mutmaßliche Deutschland-/Sektor/Gebietsverantwortliche tätig gewesen sind und Leitungsaufgaben wahrgenommen haben; konkrete Straftaten muss ihnen nicht nachgewiesen werden, es genügt die Mitgliedschaft. Die Angeklagten werden für alles mitverantwortlich gemacht, was die Verteidigungs-/Guerillakräfte in der Türkei oder anderswo unternehmen, was vom türkischen wie dem deutschen Staat als »terroristisch« klassifiziert wird.
Betroffen von der Strafverfolgung nach § 129b sind bislang 14 Kurden. Hiervon sind 8 bereits zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt; in vier Fällen wurde Revision eingelegt, die jedoch 2014 vom Bundesgerichtshof verworfen wurden. In zwei Fällen (Abdullah Sen und Mehmet Demir) sind die Berufungsverfahren noch nicht entschieden.
In allen Fällen bilden umfangreiche TKÜ-Maßnahmen die Grundlage der Anklagen.
Derzeit befinden sich 8 kurdische Aktivisten in Haft:
Metin AYDIN, Strafhaft
Kenan BAȘTU, U-Haft JVA Hamburg
Ahmet ÇELIK, U-Haft JVA Köln
Mustafa ÇELIK, U-Haft JVA Sehnde
Mehmet DEMIR, U-Haft JVA Hamburg, verurteilt – Revision noch nicht entschieden
Bedrettin KAVAK, U-Haft JVA Hamburg
Ali ÖZEL, U-Haft JVA Stuttgart-Stammheim
Abdullah ȘEN, U-Haft JVA Düsseldorf-Ratingen, verurteilt – Revision noch nicht entschieden
Metin AYDIN, 37 Jahre alt
Wurde am 20. Juli 2011 auf Ersuchen der deutschen Bundesanwaltschaft (BAW) in der Schweiz verhaftet und in Auslieferungshaft genommen. Am 1. November 2012 ist er an die deutschen Behörden überstellt und in U-Haft gekommen. Weil er schon in der Schweiz mit einem Hungerstreik begonnen hatte, musste er – nach 54 Tagen – ins Haftkrankenhaus Stuttgart verbracht werden.
Die BAW beschuldigte ihn, sich als Mitglied der Europaführung der PKK-Jugendorganisation »Komalen Ciwan« betätigt zu haben. In dieser Funktion habe er über umfassende Entscheidungs- und Anordnungskompetenzen verfügt und Jugendliche für die Guerilla angeworben zu haben. Außerdem wurde ihm vorgeworfen, als PKK-Funktionär mitverantwortlich gewesen zu sein für Aktivitäten der 2004 gebildeten Stadtguerilla TAK (Freiheitsfalken Kurdistans) in der Türkei. Die Behörden hatten auch in anderen Verfahren behauptet, TAK sei Teil der PKK, obgleich sich beide in der Vergangenheit öffentlich mehrfach klar voneinander distanzierten.
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart folgte im Großen und Ganzen der Anklage und verurteilte Metin Aydin am 27. Februar 2014 zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten. Hiergegen wurde Revision eingelegt.
Der 3. Senat des Bundesgerichtshofes (BGH) jedoch verwarf im Mai 2014 die Revision und bestätigte den Urteilsspruch des OLG Stuttgart. Im Gegensatz zur Verteidigung waren die Richter der Auffassung, dass der bewaffnete Kampf der PKK weder durch das »Völkervertrags- und Völkergewohnheitsrecht« gerechtfertigt werden könne noch handele es sich »um einen Kampf gegen Kolonialherrschaft, fremde Besetzung oder ein rassistisches Regime«, weil die Türkei kein rassistisches Regime sei. Die Verteidigung hatte ferner die Verfassungsmäßigkeit der Verfolgungsermächtigungen nach § 129b StGB wegen objektiver Willkürlichkeit angegriffen. Auch diesen Punkt verwarf der BGH, so dass das Urteil des OLG Stuttgart rechtskräftig wurde.
Metin Aydın, der vermutlich Anfang 2016 aus der Haft entlassen wird, befindet sich derzeit in der JVA Schwäbisch-Hall.
Kenan BAȘTU, 44 Jahre alt
Wurde am 21. Oktober 2015 in Dresden festgenommen und der Haftbefehl am nächsten Tag durch das OLG Celle eröffnet. Der Kurde soll als Kader seit Mitte 2014 zuerst für den Bereich »Hannover« und seit Juli 2015 für das Gebiet »Sachsen« verantwortlich gewesen sein. Er wird u. a. beschuldigt, die Durchführung von Parteiversammlungen, Demos und Kundgebungen angewiesen, sich um die Organisation von Busfahrkarten gekümmert und »erhebliche Beiträge« in Form von Wahlhelferarbeiten zugunsten der prokurdischen HDP im Rahmen der Parlamentswahlen am 7. Juni 2015 geleistet zu haben (!).
Kenan Baștu ist in U-Haft in der JVA Hamburg-Holstenglacis.
Ahmet ÇELIK, 51 Jahre alt
Wurde am 19. Juli 2015 in Stuttgart verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, als »hauptamtlicher Kader« von Juni 2013 bis Juni 2014 für den Sektor »Mitte« (Bielefeld, Köln, Düsseldorf, Bonn sowie Teile des Ruhrgebietes) verantwortlich gewesen sein. In dieser Eigenschaft soll er Anweisungen gegeben haben, Veranstaltungen und Demonstrationen durchzuführen. Zudem habe er Aufgaben koordiniert und Berichte an die Europaführung der PKK weitergeleitet und Kontakt zu anderen Kadern unterhalten. Von Mai 2008 bis April 2011 war der Kurde als Vorsitzender der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM, heute: NAV-DEM) tätig.
Ahmet Çelik war schon einmal in den Fängen der Justiz. Im Juli 2007 wurde er – nach sechs Monaten U-Haft – wegen seines politischen Engagements zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf drei Jahre Bewährung verurteilt und aus der Haft entlassen.
Jetzt ist er in der JVA Köln in U-Haft.
Mustafa ÇELIK, 38 Jahre alt
Wurde am 12. November 2015 in Bremen verhaftet. Ihm werfen die Strafverfolgungsbehörden vor, dass er seit Mitte 2013 Gebietsleiter zunächst für den Bereich Oldenburg und seit August 2015 für den Sektor Hamburg tätig gewesen sein. Neben den »üblichen« Tätigkeiten, derer er beschuldigt wird, hat sich Mustafa Çelik intensiv um die Informations- und Mobilisierungsarbeit zu den Parlamentswahlen in der Türkei am 7 Juni 2015 zugunsten der prokurdischen »Demokratischen Partei der Völker« (HDP) eingesetzt.
Er befindet sich in U-Haft in der JVA Sehnde.
Mehmet DEMIR, 46 Jahre alt
Wurde am 29. August 2014 in Bremen festgenommen, der Haftbefehl am nächsten Tag eröffnet.
Am 28. August 2015 verurteilte ihn das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich Mehmet Demir zwischen Januar 2013 bis Juli 2014 als Leiter verschiedener Sektoren betätigt hat. Die Beschuldigungen erstreckten sich – wie bei anderen auch – ausgerechnet auf den Zeitraum, in dem die PKK nach einem Aufruf von Abdullah Öcalan die Waffen ruhen ließ, um den Weg für eine politische Lösung der kurdischen Frage zu ebnen. Nicht nur aus diesem Grund hatte die Verteidigung auf Freispruch plädiert.
Weil Revision gegen das Urteil eingelegt wurde, ist Mehmet Demir noch in Untersuchungshaft in Hamburg-Holstenglacis. »Wir Kurden dürfen ja nicht einmal ein Fest feiern, ohne als Terroristen angesehen zu werden. Nur der türkische Staat hat das Recht zu töten. Wenn wir uns gegen die Besatzung wehren, werden wir als Terroristen verurteilt,« hatte Mehmet Demir am Tag der Urteilsverkündung erklärt.
Bedrettin KAVAK, 57 Jahre alt
Wurde am 26. August 2015 in Bonn festgenommen, der Haftbefehl am nächsten Tag eröffnet.
Er wird beschuldigt, sich als mutmaßlicher Kader von Juni 2012 bis Mitte 2013 als Gebietsleiter »Süd« und ab Mitte Juli 2014 im Sektor »Nord« betätigt zu haben. Auch ihm werden Organisationsaktivitäten im Rahmen des Kurdischen Festivals vorgehalten oder einer Mahnwache vor dem Europarat in Straßburg, in der es als Anliegen um die Freiheit von Abdullah Öcalan ging. Oder seine Bemühungen, Teilnehmer*innen für einen »Langen Marsch« nach Straßburg unter dem Motto »Freiheit für Abdullah Öcalan- Freiheit für Kurdistan« zu mobilisieren, werden von den Strafverfolgungsbehörden als »terroristische« Tat gewertet.
Bedrettin Kavak war bereits 22 Jahre in türkischen Gefängnissen inhaftiert – unter anderem in dem berüchtigten Foltergefängnis (Hölle Nr. 5) von Diyarbakır.
Ali ÖZEL, 47 Jahre alt
Wurde am 13. Februar 2015 in Villingen-Schwenningen verhaftet. Auch ihm wird vorgeworfen, sich als mutmaßliches Mitglied der PKK betätigt und zunächst das Gebiet »Nord«, Mitte 2011 »Sachsen« und ab Juni 2013 »Stuttgart« geleitet zu haben. Als Unterstützungshandlung für eine terroristische Vereinigung diffamieren die Behörden beispielsweise seine Beteiligung an der Organisierung einer Demonstration zum »Widerstand in Rojava«, bei der Menschen gegen die Ermordung von Kurden durch die Terrormiliz IS protestiert haben oder seine Arbeit im Rahmen der Durchführung des Internationalen kurdischen Kulturfestivals im September 2013, bei dem der in Paris ermordeten Kurdinnen Sakine Çansız, Fidan Doǧan und Leyla Șaylemez gedacht wurde.
Wegen seiner politischen Überzeugung stand Ali Özel schon mehrfach vor Gericht.
Nun befindet er sich in U-Haft in der JVA Stuttgart-Stammheim. Der Prozess wird mit hoher Wahrscheinlichkeit am 1. Dezember 2015 vor dem OLG Stuttgart eröffnet.
Abdullah ȘEN
Wurde am 27. April 2012 in Köln festgenommen, der Haftbefehl am nächsten Tag eröffnet. Er wurde von den Strafverfolgungsbehörden beschuldigt, an der Spitze des »Wirtschafts- und Finanzbüros der PKK in Europa« (EMB) gestanden zu haben. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf verurteilte ihn am 5. März 2015 – nach einer Prozessdauer von fast zwei Jahren – zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren – dem bislang höchsten Strafmaß in §129b-Verfahren gegen kurdische Aktivist*innen. Und dies, obgleich das Gericht in scharfer Form die Menschenrechtsverletzungen der Türkei verurteilte, die völkerrechtlich nicht zu rechtfertigen seien. Auch kritisierte der Senat die politisch motivierten Verfolgungsermächtigungen des BMJV. Die Verteidigung hat Revision gegen das Urteil eingelegt.
Deshalb befindet sich Abdullah Șen noch in Untersuchungshaft in der JVA Düsseldorf-Ratingen.
Zusammengestellt von
AZADÎ e.V.
Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden
in Deutschland * Hansaring 82 * 50670 Köln
email: azadi@t-online.de
Appeal to the Member states
The perspective of achieving a peaceful and democratic solution to the Kurdish issue in Turkey is under threat. Violence is escalating and poses severe risks to the stability for Turkey as well as for the Middle East. We know how the Kurds‘ struggle is a hope in Syria as in Iraq for those seeking a democratic, secular, feminist and ecological solution for the region as a whole.
The Kurdish resistance in Kobanî, in which women are particularly involved, is one example, in addition to the rescue of tens of thousands of Yezidis at Sinjar and the protection of minorities living in the region.
By acting in this way Kurds always have been at the forefront of a determined struggle against Daech, and have also supported all local and international forces that are part of this fight. No one can deny the role of the PKK and of Syrian Kurdish organizations in this matter.
Turkey is now facing an outbreak of violence which pushes back any idea of a peace process and weakens the fight against Daech.
The European Union represented by the High Representative for Common Foreign and Security Policy, but also the European Council, the UN and the USA have already called for peace in Turkey.
But the Turkish government continues to exploit the proscription list as an excuse to assert: »We cannot come together and negotiate with a terrorist organisation.« The proscription of the PKK is therefore standing in the way of the establishment of peace, dialogue and negotiations and strengthens those who want war in Turkey by weakening those who want peace.
These are not the only negative effects of the PKK’s proscription. It also facilitates the infringements of human rights, allows the curtailing of freedom of thought and freedom of the press. As a consequence to this proscription, thousands of people and especially media institutions in Turkey are being threatened both internally and externally.
It is because of these dangerous developments that the proscription of the PKK must be urgently reviewed.
We, the undersigned parliamentarians, demand of the Council of the European Union that this list be revised and that the PKK be removed from the proscribed list of terrorist organisations.
D‘AMATO Rosa; ANDROULAKIS Nikos; BETTINI Goffredo; PAPADAKIS Demetris; PIRINSKI Georgi; ANDERSON Martina; BJORK Malin; CARTHY Matt; CHOUNTIS Nikolaos; CHRYSOGONOS Kostas; COUSO PERMUY Javier; DE JONG Dennis; DE MASI Fabio; ECK Stefan; FERREIRA João; FLANAGAN Luke Ming; GONZALEZ PENAS Tania; HADJIGEORGIOU Takis; HÄNDEL Thomas; HAZEKAMP Anja; JUARISTI ABAUNZ Iosu; KARI Rina Ronja; KONEČNÁ Kateřina; KOULOGLOU Stelios; KYLLÖNEN Merja; LE HYARIC Patrick; LOPEZ BERMEJO Paloma; LÖSING Sabine; MALTESE Curzio; MASTALKA Jiri; MATIAS Marisa; MÉLENCHON Jean-Luc; MICHELS Martina; MINEUR Anne-Marie; NI RIADA Liadh; OMARJEE Younous; RANSDORF Miloslav; SAKORAFA Sofia; SÁNCHEZ CALDENTEY María Dolores Lola; SCHOLZ Helmut; SENRA RODRÍGUEZ Lidia; SPINELLI Barbara; SYLIKIOTIS Neoklis; TORRES MARTINEZ Estefania; URBAN CRESPO Miguel; VALLINA DE LA NOVAL Angela Rosa; VIEGAS Miguel; ZIMMER Gabriele; ZUBER Inês; ALBRECHT Jan Philipp; BOVÉ José; BUCHNER Klaus; DURAND Pascal; EICKHOUT Bas; HEUBUCH Maria; JÁVOR Benedek; KELLER Franziska; LAMBERTS Philippe; ESZERICS Tamás; ROPÉ Bronis; SEBASTIA Jordi; SKRLEC Davor; SMITH Alyn; TARAND Indrek; TRÜPEL Helga; VALERO Bodil; VANA Monika; ZDANOKA Tatjana; WEIDENHOLZER Josef; DZHAMBAZKI Angel
DIE KRIMINALISIERUNG DER KURDEN UND IHRE FOLGEN
Das kurdische Volk ist starken Repressionen und Massakern durch die in der Region regierenden Staaten ausgesetzt. Diese Tatsache wird in Berichten der Menschenrechtsorganisationen, in zahlreichen Entscheidungen des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie in der Berichterstattung unabhängiger Beobachter, Journalisten und Experten ausführlich dargelegt.
Die Unterdrückung und Ausgrenzung wird ohne Zweifel durch die Politik der europäischen Staaten mit Mechanismen wie der Terrorliste gefördert. Diese spielen eine begünstigende Rolle bei der Assimilation, Vertreibung und Vernichtung von Millionen Kurden durch Länder wie dem Iran, Irak, Syrien und der Türkei. Die europäischen Staaten dulden dies nicht nur durch politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung im Nahen Osten, sondern auch durch die Kriminalisierung und Verfolgung der Kurden und ihrer demokratischen Institutionen innerhalb Europas.
Diese erbarmungslose Politik der USA und Europas gegen die kurdische Seite bildet auch heute noch die wichtigste Grundlage für den »Staatsterror« in kurdischen Gebieten.
Mit diesem Dossier möchten wir die Folgen der gegen die kurdische Bevölkerung praktizierten Kriminalisierung veranschaulichen. Die in diesem Dossier aufgeführten Aspekte stellen in Anbetracht der tatsächlichen Situation nur die Spitze des Eisberges dar.
DER TERROR UND DIE JUSTIZ
Die Bezeichnung des Existenzkampfes der Kurden als »Terrorismus« stellt eine große Ungerechtigkeit dar. Das Ausmaß dieser Ungerechtigkeit zeigt sich daran, dass die Kriminalisierung und Verbote gegen die kurdische Politik zu Zeiten der dunkelsten Kapitel türkischer Geschichte, als der Faschismus des Putsches vom 12. September seinen Höhepunkt erreicht hatte und Millionen Menschen in den Gefängnissen und auf den Straßen gefoltert wurden, begonnen haben.
In den Jahren, in denen kurdischen Dorfbewohner von Militärkräften zum Verzehr von Gülle gezwungen wurden, war eine Gruppe kurdischer Politiker in Deutschland unter schweren Bedingungen inhaftiert und vor Gericht gestellt. In dem Jahr, in dem Deutschland im Rahmen der Verbotspolitik kurdische Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtenagenturen verboten hat, führten hunderte Polizisten am 10. Dezember 1993, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, in der Türkei eine Razzia gegen die Zeitung Özgür Gündem durch, nahmen zahlreiche Journalisten fest und verhängten ein Publikationsverbot. Am 3. Dezember 1994 wurden die Zentrale sowie zwei Büros der in Folge gegründeten Zeitung Özgür Ülke bombardiert; ein Journalist kam dabei ums Leben. Es ist möglich dutzende Beispiele für diese Parallelitäten aufzuführen. Dies zeigt, dass die Repressionen gegen das kurdische Volk nicht allein auf die Türkei beschränkt sind, sondern von zahlreichen internationalen Kräften unterstützt werden. Andernfalls hätte die Türkei diese schweren Menschenrechtsverletzungen nicht begehen können.
Die USA und Europa bieten der Türkei mit der um den Terrorbegriff gestrickten Politik die größte Unterstützung Ihres repressiven Systems. Dabei gibt keine von Juristen und Politikern formulierte wissenschaftliche und allgemeingültige Definition des Terrorbegriffs. Die westlichen Mächte versuchen diese Definition und das Profil eines Terroristen entsprechend ihrer Interessen zu definieren und anschließend diese der Justiz zuzuordnen. Die Existenz dieser zahlreichen weit verbreiteten und widersprüchlichen Definitionen hängt von den unterschiedlichen politischen Interessen ab. Die Definition des tatsächlichen Terrorprofils und der Terroraktionen verdeutlicht die Herangehensweise der hegemonialen Staaten deutlicher als allgemeine Formulierungen. Beispiele: Während die Tschetschenen für Russland eine Terrorgruppe sind, können sie die Türkei problemlos als Rückzugsgebiet bzw. Operationszentrum nutzen. Die Herangehensweise der Türkei und Israels an die Hamas sind sehr unterschiedlich. Die Al-Kaida ist für die USA terroristisch, nicht jedoch für die Türkei. Sie unterstützt diese sogar. In einem jüngsten Gerichtsbeschluss wurde festgestellt, dass mehrfach durch eine mit dem türkischen Geheimdienst kooperierende Person »beschlagnahmte Munition in die Camps der Al-Kaida gebracht wurde«. Die Unterstützung der Al-Kaida durch die Türkei wurde so offiziell protokolliert.
Mit dem 11. September 2001 gewann der Terroraspekt eine neue Funktion als grundlegende Strategie und Basis für Vorherrschaft sowie als bestimmender Faktor für internationale Beziehungen. Diese neue globale, auf Terror aufgebaute Strategie ist auch heute determinierend. Mit dem 11. September konnte die Terror-basierte Angriffspolitik der NATO und der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung eine globale Legitimation erhalten. Mit diesem Terrorkonzept wurden nicht nur Kurden, sondern viele andere Oppositionelle, Oppositionsgruppen und Gesellschaften zum Objekt von Menschenrechtsverletzungen. Unter diesem Blickwinkel entbehrt der Begriff Terror jedweder rechtlichen Grundlage, weist hat vielmehr politische Hintergründe auf. Obwohl jeder Staat in seiner Verfassung über ausreichende Sicherheitsvorgaben verfügt, können mit dem Begriff des sogenannten globalen Terrors Menschenrechte sowie soziale und politische Rechte weltweit eingeschränkt werden, wodurch Millionen Menschen Unrecht widerfährt.
DIE KURDISCHE FRAGE UND DER TERRORBEGRIFF
Der instrumentalisierte Begriff Terror lässt sich am Beispiel der Kurden und ihres fehlenden Rechtsstatus` verdeutlichen.
Kurdistan ist als ein von vier regionalen Mächten geteiltes und regiertes Land ein einzigartiges Beispiel. Es ist das größte und einwohnerreichste territoriale Gebiet ohne jeglichen Status. Die Aufteilung des Nahen und Mittleren Ostens unter den imperialistischen Mächten im 20. Jahrhundert führte zu diesem Zustand. Nach der Zerstörung des traditionellen Status quo durch die neuen globalen und regionalen Bestrebungen, trat es zu Beginn des 21. Jahrhunderts erneut auf die historische Agenda. Nachdem sich die intensive Bindung der regionalen kolonialistischen Staaten mit den imperialistischen Großmächten, allen voran den USA gelöst hatte, trat die kurdische Frage offensichtlicher zu tage. Nachdem im globalen Machtkampf erst der Irak und danach Syrien isoliert wurden, bezeichnete man diese Regime als diktatorisch und terroristisch.
Dieser Missstand hat dazu geführt, dass die von den in Kurdistan herrschenden kolonialen Mächten verübten Genozide und historischen Tragödien unbeachtet blieben. Jede punktuelle Zersplitterung dieses Missstands hat diese Verbrechen ein wenig sichtbarer gemacht. Die intensiven Beziehungen der Türkei zu internationalen Verbündeten führen jedoch dazu, dass die Geschehnisse in dem Teil von Kurdistan, in dem sich die meisten Massaker verübt wurden, unbeachtet blieben und die Repressionspolitik gegen die kurdische Bevölkerung hemmungslos fortgesetzt werden konnte.
Die nach dem 11. September 2001 zu einer globalen Strategie erkorene Terrorpolitik führte dazu, dass der Staatsterror der federführenden bzw. verbündeten Staaten verheimlicht, vertieft und teilweise legalisiert wurde. Dieser neuen globalen Strategie bediente sich am meisten die türkischen Regierungen, um die kurdische Frage weiterhin ungelöst und eskalieren zu lassen. Terrorliste wurde in diesem Zusammenhang allmählich zum Instrument, mit dem Regierungsgewalt gesichert und Oppositionelle in Schach gehalten wurden.
Vor diesem Hintergrund sind zwei wesentliche Aspekte der Terrorliste zu erwähnen.
1. Alle von den türkischen Regierungen bzw. dem türkischen Staat verübten Genozide, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die einen langen historischen Hintergrund in der Kurdenfrage haben, blieben verborgen und erhielten unter dem Schirm dieser Liste nachträglich eine Legitimation. Gleichzeitig wird damit auch für die Zukunft ein freies Gewähren lassen suggeriert: Das Massaker von Roboski von 2011, verübt durch die türkischen Streitkräfte an den Zivilisten, blieb ohne Konsequenzen, was die Haltung der türkischen Regierungen gegenüber den Kurden deutlich vor Augen führt.
2. Mit dieser Terrorliste haben sich sowohl die USA als auch die EU als Mitinitiatoren und ausführende Organe von Liquidationsstrategien gegen die kurdische Frage gezeigt. Mit der Zeit wurden alle Vorgänge und Repressionen gegenüber der kurdischen Politik und Bevölkerung durch diese Liste legitimiert. Der Umstand, dass sie in vielen weiteren Ländern auf die gleiche Art übernommen wurde, legt die Intention der Terrorliste offen.
Die anhaltenden Friedensbemühungen der kurdischen Bevölkerung
Besonders seit 1993 kann man mit der Deklaration des einseitigen Waffenstillstandes der PKK unter Leitung ihres Vorsitzenden Herrn Abdullah Öcalan von seit über 20 Jahre andauernden Friedensbemühungen sprechen. Auch in den Jahren 1995 und 1998 wurden ähnliche einseitige Waffenstillstände ausgerufen, um den Weg für einen Frieden zu ebnen. Jedoch intensivierte der türkische Staat in diesen Zeiten stets seine militärischen Angriffe, von denen auch Zivilisten betroffen waren. Jedes Mal wurden die Friedensbemühungen in der türkischen Öffentlichkeit als eine Schwäche der PKK ausgelegt.
Herr Öcalan hat auch nach seiner illegalen Entführung in die Türkei und Inhaftierung seine Friedensbemühungen fortgeführt und die bewaffneten Guerillakräfte zum Rückzug veranlasst. Dieser Rückzug wurde durchgeführt, während das türkische Militär seine Angriffe weiter fortsetzte, so dass hunderte Guerilla-Kämpfer dabei ums Leben kamen. Eine Gruppe von Guerilla-Kämpfern kehrte auf Veranlassung von Herrn Öcalan als sogenannte Friedensgruppe mit der Absicht auf einen Friedensprozess in die Türkei zurück. Mit dem Ziel, diesen Prozess zu beschleunigen, reiste auch eine europäische Delegation kurdischer politischer Aktivisten in die Türkei ein. Diese Entwicklungen fanden jedoch ein rasches Ende, als der türkische Staat allen Beteiligten Freiheitsstrafen von 10-15 Jahren auferlegte. Trotz alledem kam über eine lange Zeit zu keinen bewaffneten Auseinandersetzungen, was aber dennoch nicht als eine Chance für den Frieden ergriffen wurde.
Die PKK blieb nicht alleine bei einem Waffenstillstand und dem Rückzug ihrer Einheiten hinter die Landesgrenzen. Mit dem Wechsel des Namens und ihrer Symbole, entwickelte sie sich zu einer alle gesellschaftlichen Bereiche umfassenden Dachorganisation, um als Akteur in der Politik mit zu agieren.
Genau in dieser Phase wurde die PKK in die EU-Terrorliste
Aufgenommen. Faktisch existierte zu dieser Zeit die PKK juristisch gar nicht mehr. Allein diese Tatsache beweist, dass die Terrorliste wenig mit Sicherheit zu tun hat, sondern ein Unterdrückungsinstrument darstellt.
Das Verfassen einer Terrorliste ist weder auf eine vorangehende öffentliche Diskussion noch auf ein Urteil nach einem juristischen Prozess zurückzuführen. Im Gegenteil, die Listen aller EU-Länder wurden zu einer EU-Liste zusammengeführt, die halbjährlich ohne jegliche Diskussion aktualisiert wird. Bedeutende politische Entwicklungen der letzten 12 Jahre im Zusammenhang mit der Kurdenfrage, wie z.B. die einseitigen Waffenstillstände, die Begrenzung der kämpferischen Aktivitäten auf eine Verteidigungsposition oder die Bestrebungen zu einer politischen Legitimierung, blieben unbeachtet. Ebenso wird der PKK keine Beachtung geschenkt, wenn sie sich an die Genfer Konventionen hält und sich mit ihrer Unterschrift für den Verbot von Minen ausspricht.
Am 21. März 2013 hat sich Herr Abdullah Öcalan in seiner Newroz-Botschaft, verlesen vor Millionen von Zuhörern, erneut für einen demokratischen Weg ohne den bewaffneten Kampf ausgesprochen, den er bis heute bestimmt verfolgt. Gegenüber diesen zwanzig Jahre andauernden Friedensbemühungen hat die auf der Terror-Liste und die Justiz der einzelnen Länder beruhende Kriminalisierung kaum an Intensität verloren.
DEUTSCHLAND, DAS PKK-VERBOT UND DIE TERROR-LISTE
Deutschland hat kontinuierlich eine führende Rolle in der Bekämpfung des Freiheitswillens der Kurden eingenommen. Die Deutschen Regierung agierte damit im Einklang mit der NATO. Das Vorgehen Deutschlands gegen die PKK geht nachweisbaren Belegen zufolge bis auf das Jahr 1986 zurück. Damit reicht es bis in den Zeitraum, in dem die Ausnahmezustände des Staatsstreiches vom 12. Septembers 1980 in der Türkei vorherrschten.
Lange bevor die PKK in die EU Terrorliste aufgenommen wurde, hat Deutschland mit einem Beschluss vom 22.10.1993 die politischen Aktivitäten der PKK verboten und in der Praxis umgesetzt. Das Verbot der PKK seitens der deutschen Bundesregierung, welche die PKK als Innere Gefahr bewertet, war auch für die Europäische Union Anlass zur Ausweitung der Liste. Als die Bundesregierung das PKK-Verbot verhängte, existierten jedoch keinerlei politische Aktivitäten der PKK innerhalb der Grenzen Deutschlands.
Die Umsetzung des PKK-Verbots in Deutschland verdeutlicht in ihrer Art und Weise die Logik, Ziele und Auswirkungen des Verbots und der Liste. Die Umsetzungsphase lässt sich beispielhaft aus einem öffentlichen Schreiben aufzeigen: Zu den Anfragen einiger Abgeordneten der Partei Die Linke an die deutsche Bundesregierung gab diese am 16.04.2013 eine umfassende Stellungnahme ab. Hieraus können statistische Informationen entnommen werden. Am Tag des PKK-Verbots wurde ein Betätigungsverbot gegen die Kurdische Nachrichtenagentur, die Zeitschrift Berxwedan, die Föderation FEYKA-Kurdistan sowie insgesamt 30 Vereine und Informationszentren verhängt und entsprechende Publikationsverbote ausgesprochen. Zwischen 1994 und 1998 wurden diese Maßnahmen fortgesetzt und 15 weitere Vereine mit ähnlicher Prozedur verboten. In den Jahren 2005-2008 wurden die Medienorgane Özgür Politika, Mesopotamia Broadcast, Roj TV und VIKO verboten. Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume wurden nahezu 100 Tonnen Bücher, Zeitschriften und Zeitungen beschlagnahmt. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen und der ins Visier genommenen Vereine, wurden Zehntausende Kurden im Rahmen dieses Verbots zur Zielscheibe. Das Verbot ist gleichzeitig ein Anschlag auf Kultur-, Gesellschafts- und Öffentlichkeitsarbeit. Erwähnt sei hier auch, dass bei den Durchsuchungen keine Waffen oder ähnliche Gegenstände gefunden wurden.
Zwischen den Jahren 2001–2012 (in der sich die Übergriffe minimal reduzierten) wurden aufgrund der Verletzung des Vereinsrechtes insgesamt 3411 Rechtsverfahren eröffnet. Tausende Menschen wurden wegen ihrer politischen Aktivitäten angeklagt und verurteilt.
Die juristische Hetze gegen die kurdische Gesellschaft ist auf eine politische Entscheidung des Innenministers zurückzuführen und wird mit tiefgreifenden Maßnahmen auf die kurdische Gesellschaft angewandt. Neben den genannten Verboten der Vereine sowie den Gerichtsverfahren wurden die demokratischen und legitimen Aktivitäten der Kurden verboten: Dazu gehören beispielsweise die gesetzeswidrige Anwerbung kurdischer Jugendlicher als Spitzel, die Ablehnung der Einbürgerung bei Vereinsmitgliedschaft oder Teilnahme an einer Aktivität, das Verbot von Symbolen und die Verweigerung von gewonnen Rechten bei ausbleibender Distanzierung von der Kurdischen Politik und Gesellschaft.
Die deutsche Bundesregierung versucht bis heute mit ihren Verwaltungsentscheidungen und ihrer Praxis unter dem Deckmantel des PKK Verbots, die kurdische Gesellschaft zu marginalisieren, ihre Rechte zu beschneiden und die Kontaktaufnahme zu Deutschen und anderen Ethnien zu verhindern. Da diese seit 20 Jahren verfolgten Unterdrückungsmaßnahmen gegen die kurdische Gesellschaft auf Grundlage einer Verwaltungsentscheidung juristisch nicht mehr haltbar sind, neigt man dazu, die Maßnahmen über die EU-Terrorliste aufrechtzuerhalten. Die Verwaltungsentscheidung wurde zunehmend in das EU-Gesetz übernommen, um die Kurden weiterhin an ihren demokratischen Rechten zu hindern. Nachdem der bundesdeutsche Justizminister entschied, den Paragraphen 129/b des deutschen Strafrechts auf die Kurden anzuwenden, stützten sich die Repressionen auf eine breitere Basis. Obwohl es überhaupt keine Aktivitäten in Deutschland gibt, werden Kurden, dargestellt als Gefahr für Deutschland und Störfaktor für die gesellschaftliche Ordnung, zu Mitgliedern und Anhängern einer internationalen Terrororganisation deklariert. Diese werden mit ähnlichen Neigungen anderer europäischer Staaten zusammengeführt. Auf diese Weise erreicht dieses Angriffskonzept auf europäischer Ebene eine noch besondere Tragweite.
DIE TERROR-LISTE UND IHRE AUSWIRKUNGEN
Es ist angebracht, die letzten vier Jahre seit 2009 als eine Zeit zu bewerten, in der die Terror-Liste verstärkt benutzt wurde. Die USA und die Europäische Union haben ihre juristischen und technischen Vorbereitungen getroffen und setzen nun ihr Vorhaben schrittweise um.
In Deutschland konzentriert sich die Umsetzung der Vorhaben auf den Paragraphen 129/b. Bis dato umfasst das Strafmaß, das sich auf diese Paragraphen bezieht, zwischen 2,5 und 3,5 Jahren. Es kristallisiert sich aus den Vorbereitungen heraus, dass das Strafmaß aus den andauernden Verfahren höher ausfallen wird. Außerdem ist zu ergänzen, dass dieser Paragraph bei Zeiten gegen einen viel breiteren Kreis angewendet werden kann. Zumindest umfassen die Paragraphen ein solches Ausmaß.
Hinzuweisen ist auch auf eine andere Maßnahme, welche schrittweise politische Aktivisten einbezieht. Bisher wurde das Strafverfahren auf Grundlage der Anklage eröffnet. Anstelle dessen verbreitet sich die Methode, eine Serie von Verwaltungsbeschlüssen auf Basis des Ausländerrechts anzuwenden, mit dem Ziel der Ortsbindung der Person. In der Praxis wird diese Taktik gegenüber politischen Aktivisten angewendet, indem sie falls möglich, ausgewiesen werden, falls nicht, ihr Aufenthaltsrecht entzogen wird. Anstelle dessen werden kurzzeitig befristete Aufenthalte vergeben, ein auf einen Ort beschränkter Aufenthalt gewährt oder die Verpflichtung auferlegt, täglich bis zu zweimal Unterschriften abzugeben. Zudem wird betont, dass dies die ersten der bis zu zehn Jahre umfassenden Maßnahmen sein können. Diese Vorgehensweise begrenzt den Handlungskreis der Aktivisten auf einen engen Raum, um sie in ihrer Wirkung einzuschränken oder gar zu unterbinden.
Im Zentrum der Maßnahmen der europäischen Staaten, angeführt von Deutschland und Frankreich, gegen kurdische Politiker und Intellektuelle stehen Repressionen, Einschränkungen, auch örtliche, Verhaftungen und ähnliche Restriktionen. Die vor der Unterdrückung und den Verbrechen der türkischen Regierung geflohenen kurdischen Politiker und Intellektuellen, die in Europa als politische Flüchtlinge leben, werden einer zweiten Unterdrückungsmaschinerie ausgesetzt. In dieser Hinsicht stehen die europäischen Staaten dem Einfallsreichtum der Türkei in nichts nach. Beispielsweise wurde Muzaffer Ayata verboten, Schriften zu veröffentlichen und an demokratischen Veranstaltungen teilzunehmen. Zudem können wir die Auflagen in Frankreich nennen, überwiegend von Kurden besuchten Einrichtungen zu meiden, insgesamt in der Absicht einer Isolation von der kurdischen Gemeinschaft.
Dänemark konstruiert über juristische Wege den schnellsten Teil des Angriffskonzepts. Das dort eingeleitete Verfahren zur Schließung des Fernsehsenders Roj TV und ein Strafverfahren gegen 11 Kurden gibt hier ernste Hinweise. Aus in die Öffentlichkeit gelangten Dokumenten traten die Hintergründe und die Herkunft der Auftraggeber zu Tage. Dennoch fiel es schwer, diese Verfahren in das dänische Rechtswesen einzufügen bzw. hineinzuzwingen. Vor allem musste die erste Anhörung vor dem Amtsgericht zum Eröffnen eines Verfahrens einen Beweis über eine Bezug zur PKK erbringen, der auf der Aussage eines Nachrichtendienstmitarbeiters und selbstredend der Terror-Liste aufbaute. Einen wichtigen Aspekt bildete in den vorbereitenden Befragungen der Staatsanwaltschaft und Polizei deren Kooperation mit den türkischen Sicherheitskräften, in der sie als verlängerter Arm auftraten und deren Argumentationslinien übernahmen. Dazu gehört, dass der türkische Staat in der Staatsanwaltschaft ausführende Funktionen übernahm. Insgesamt war diese Phase weder politisch noch juristisch oder praktisch ein Alleingang Dänemarks.
Im Falle von Roj TV wurde durch die dänische Staatsanwaltschaft, gesammelte Spenden und das gewählte Gremium der Volksräte zum Vorwand nehmend, noch vor Verfahrenseinleitung eine Durchsuchung durchgeführt. Obwohl dort bisher keinerlei ernste Schwierigkeiten bestanden, wurden auf besonders schwere und zerstörerische Weise Wohnungen und Institutionen durchsucht und Festnahmen durchgeführt. Außer den Festgenommenen wurden Händler und Geschäftsleute als Zeugen dechiffrierend befragt. Einige der Angehörigen verloren ihre Arbeitsstellen, Aufträge wurden zurückgenommen und sie erlitten ernste finanzielle Verluste. Nicht nur die 11 Personen, sondern die gesamte kurdische Gemeinschaft wurde zum Ziel dieser Razzien. Es wurde versucht, die kurdische Gemeinde in politischer und sozialer Hinsicht zurückzuwerfen.
Die Festnahmen und Befragungen in Frankreich standen denen in Deutschland kaum nach und umfassten im Laufe der letzten Jahre eine Zahl von an die 300 Betroffenen, die außerdem einer Politik der Marginalisierung von Politik und Gesellschaft ausgesetzt waren.
In Belgien kam es zur Sputnik-Operation und später zu Razzien gegen Roj TV und den Kurdischen Nationalkongress (KNK). Diese haben als Maßnahme, finanzielle Belege für weitere Verfahren in den anderen Staaten zu generieren, weitreichende Spuren hinterlassen. Hier wurden im Rahmen einer polizeilichen Razzia am 4. März 2010 kurdische Politiker festgenommen und inhaftiert. Die Verfahren dauern noch immer an.
Die Repressionen gegen kurdische Politiker werden eigentlich von Interpol angeführt. Mit den Anträgen an diese internationale polizeiliche Institution auf Haftbefehl per roter Notiz und den sich daraus ergebenden Maßnahmen wird diese internationale Institution quasi zum verlängerten Arm türkischer Sicherheitskräfte. Mit roten Notizen werden Suchbefehle dauerhaft gehalten und zudem in jedem Land anders ausgelegt. Außerdem fehlen wirkungsvolle und festgelegte Widerspruchsmechanismen, so dass sie zu einer Falle werden. Es zeigt sich, dass die derartige Stärkung dieser Institution und ihre quasi Eingliederung in die türkischen Verwaltungsstrukturen in Zusammenhang mit den US-Führungskräften steht, die nach dem 11. September die Leitung übernommen haben. Interpol bedroht in seiner Art und Weise gegen kurdische Politiker auch sämtliche oppositionellen und revolutionären Kräfte.
Das Feindstrafrecht und die Rolle der Türkei
Wenn man die Handhabung der türkischen Regierung in Bezug auf die KCK-Prozesse betrachtet, wird schnell klar, dass es sich eher um ein politisches und nicht ein juristisches Verfahren handelt. Der Regierungssprecher der Türkei Hüseyin Celik, hatte vor kurzem in einem Zeitungsinterview zum Ausdruck gebracht, dass die KCK-Gefangenen Geiseln sind, welche vor einer Waffenniederlegung durch die PKK nicht freikommen, Zitat: »Eine Freilassung der PKK sowie KCK-Gefangenen ist zurzeit ausgeschlossen. Sollte die PKK ihre Waffen niederlegen, sind wir bereit darüber zu reden.« Die juristische Prozedur ist nur eine Fassade, in den meisten Fällen verzichtet man sogar darauf. Folgendes ergibt sich aus dieser Situation: Der kurdischen Gesellschaft, seinen politischen, intellektuellen, sowie führenden Vertretern gegenüber wird ein Feindstrafrecht angewendet. Für den als normalen Bürger und dem als Feind angesehenen gelten zwei unterschiedliche Gesetze. Um genauer zu sein, derjenige, den man als Feind ansieht, wird nach unfairen Verfahrensmethoden verurteilt.
Die Verbote, Repressionen und Drohungen der Bundesrepublik Deutschland werden mit der Aufnahme in die Terrorliste von nahezu allen europäischen Ländern ebenfalls umgesetzt. Deutschland bzw. Europa handeln, indem Sie ihre eigenen Gesetze, ihre rechtlichen Argumente sowie ihren Rechtsapparat vernachlässigen bzw. ignorieren. Einige Länder wie Dänemark haben Änderungen im Strafrecht vorgenommen, um die Repressionen zu legalisieren. Für die Kurden werden neue Rechtsinstrumente erstellt bzw. bestehende Gesetze werden verschärft. Durch die Implementierung dieser neuen Gesetze wird deutlich, dass Europa zunehmend das Feindstrafrecht gegenüber den Kurden anwendet.
Die Unterstützung seitens der türkischen Justiz muss in diesem Zusammenhang als wesentlicher Bestandteil dieses speziellen Strafrechts gesehen werden. Ohne die Unterstützung der türkischen Justiz, der türkischen Geheimdienste sowie der türkischen Sicherheitskräfte wäre es fast unmöglich gewesen, sowohl die in Dänemark eingeleiteten beiden Verbotsverfahren als auch die in der BRD laufenden Verfahren zu eröffnen. Es ist bemerkenswert, wie die europäischen Staaten den »Kollaborationsmechanismus«, würdeloser Bestandteil der türkischen Justiz, in ihr Rechtssystem übertragen. Im Verfahren um ROJ TV wurde das Dorfschützersystem als ein legales Mittel der Zeugenregelung angewandt, wodurch die neue Situation des europäischen Rechtssystems offensichtlich wird.
ROJ TV: Ein einzigartiges Beispiel für den Angriff auf die Pressefreiheit
Die AKP Regierung hat parallel zur Unterstützung der Kandidatur von Rasmussen für das Amt des NATO-Generalsekretärs gemeinsam mit seinen internationalen Verbündeten lange Druck auf Dänemark im Hinblick auf die Schließung von ROJ TV ausgeübt. Auf Befehl der Bundesstaatsanwaltschaft stürmten belgische Polizisten am 4. März 2010 um 05:45 Uhr die Studios von ROJ TV in Denderleeuw. Den MitarbeiterInnen wurden Handfesseln angelegt, sie waren Polizeiterror ausgesetzt und dutzende wurden verletzt. Das technische Equipment wurde beschlagnahmt, zerstört und dem Fernsehsender wurde eine Strafe in Höhe von 1.200.000 Euro auferlegt.
Am 31.08.2010 wurde gegen ROJ TV ein Schließungs- bzw. Enteignungsverfahren eingeleitet. Das Gericht verurteilte unter dem Vorwurf der Propaganda ROJ TV zu einer Geldstrafe in Höhe insgesamt 5,2 Millionen DKR (knapp 700.000 Euro).
Der Verwaltungsrat von ROJ TV hat am 16.01.2012 gegen dieses Verfahren Berufung vor dem Landgericht Landrettel eingelegt. Die Anhörung dieses Verfahren begann mit einem Skandal am 15.08.2011. Während dieses Verfahrens hat die türkische Regierung den politischen und diplomatischen Druck weiter fortgeführt. Das Kopenhagener Gericht hat am 10.01.2012 das Urteil zum Verfahren gesprochen. Das von der Staatsanwaltschaft geforderte Sendeverbot sowie der Entzug der Sendelizenz wurden vom Gericht abgelehnt.
Bei ausbleibendem Erfolg vor Gericht, kam nun das französische Sattelitenunternehmen EUTELSAT ins Spiel und stoppte rechtswidrig die Ausstrahlung von ROJ TV. EUTELSAT übertrifft durch diese Aktion die dänische Justiz und verletzt die Meinungsfreiheit. Auch die Satellitenübertragung via NILSAT (Betreiber von Kommunikationssatelliten im Nahen Osten) wurde durch die Firma EUTELSAT am 19.01.2012 verweigert. Nicht genug, die Firma EUTELSAT stoppte am Abend des 22.01.2012 auch die Ausstrahlung, die über EUROBIRD lief.
DIE TERRORBEZEICHNUNG IST AUF LÜGEN AUFGEBAUT
Mit der Zeit zeigte sich, dass zahlreiche von der Türkei angeführten Ereignisse, die den Hintergrund der europäischen Terrorliste bilden, von Seiten der Türkei verübt worden waren. Abgesehen von dem Bestehen eines Staatsterror gegen die kurdische Bevölkerung ist es ein wichtiges Faktum, dass diese Verbrechen der PKK zur Last gelegt wurden und so einen noch stärkeren Repressionsmechanismus schufen.
In intermittierend auftretenden Phasen der »Normalisierung« zeigen sich solche Geständnisse für Ereignisse aus der Vergangenheit. Dass zahlreiche der PKK zugeschriebenen Ereignisse von Staatskräften ausgeübt wurden, kommt so zum Vorschein. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Dokumente und Zeugenaussagen hierzu an die Öffentlichkeit gelangt.
Als Beispiel können wir einen einzigen Tag aufführen. Wenn wir z. B. die Zeitungen und Internetseiten vom 27. November 2013 durchforsten, können wir zu diesem Thema einige Dokumente finden:
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 12. November 2013 die Türkei im Hinblick auf die Bombardierung der Dörfer Kuskonar und Kocagacli, bei der 38 Menschen starben und Dutzende verletzt wurden, verurteilt. 4 Dies wurde 20 Jahre geleugnet. 5 Die damalige Ministerpräsidentin Ciller erklärte »dass die Militärflugzeuge, die die Dörfer bombardiert hätten, nicht dem Staat gehören«. Der Gouverneur von Sirnak schob die Angriffe der PKK zu und übergab an das Staatssicherheitsgericht. Das Gericht schloss das Verfahren, da es diesbezüglich keine Beweise fand. Diese blieb so, bis das Thema 2004 nach einem langen juristischen Kampf erneut auf die Tagesordnung kam.
Ein Zeuge erklärte Hinsichtlich der Ermordung von zwei PKK Mitgliedern und eines Gymnasialschülers im Stadtteil Caldiran in Van am 7. Oktober 2009, dass diese nicht im Gefecht getötet wurden, sondern lebend gefangen genommen und getötet wurden.
Ayhan Carkin, ehemaliger Polizist einer Spezialeinheit, erklärt zum Tod des Standesbeamten Abdulmecit Baskin in Altindag, ihn entsprechend dem Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates festgenommen und getötet zu haben. Ayhan Efeoglu, der im Rahmen der gleichen Befragung durch Folter getötet wurde, habe er mit eigenen Händen begraben.
T. A., der seinen Wehrdienst im Bergkommando im Südosten absolviert hat, erzählt, dass sie als Racheaktion das Dorf verbrannt haben. »Selbst eine Ameise hätten wir getötet. Als wir ins Dorf eindrangen, waren wir 100-150 Soldaten. Wir verbrannten zwei Häuser. Dann griffen wir die Häuser mit schweren Waffen an und zerstörten das Dorf komplett. Ich bin in ein leeres Haus eingedrungen und habe den Kühlschrank umgeschmissen. Ich war sehr wütend. Um zu erkunden, welche Dörfer wie agieren, sind wir in Gruppen von 10 Personen, verkleidet als PKKler in die Dörfer gegangen und haben anschließend Bericht über das Verhalten der Dorfbewohner erstattet.«
Es ist möglich, an einem beliebigen Tag Nachrichten zum Staatsterror gegen die kurdische Bevölkerung zu finden. Ebenso lassen sich Nachrichten zu Aktionen finden, die zu Unrecht der PKK zugeordnet wurden. Durch detaillierte Recherchen können sicherlich tiefgreifendere Erkenntnisse hierzu gewonnen werden. Es ist offensichtlich, dass hinter den der PKK zugeschriebenen und als terroristisch bezeichneten Aktionen der Staat steht.
Warum muss die PKK aus der Terrorliste gestrichen werden?
- Die Liste ist ein Hindernis für die friedliche Lösung der kurdischen Frage. Die Präsenz der PKK auf der Terrorliste verhindert den Erfolg des Dialogs zwischen Herrn Öcalan, dem KCK und der Türkischen Republik. Der Philosoph Tomis Kapitan sagt dazu: ”Der Terrorbegriff degradiert die bezichtigten Personen oder Gruppen als Menschen und stellt sie als Menschen dar, mit denen eine Kommunikation unmöglich ist.”. Daher schwächt es die Erfolgsaussichten für Gespräche und Verhandlungen. Möchte man dem Frieden eine Chance bieten, so kann man mit der Streichung der PKK aus der Terrorliste beginnen.
- Die Liste hebt das Recht der Meinungs-, Organisations- und Versammlungsfreiheit nahezu gänzlich auf. Diese Rechte werden von den Kurden unter Repressionen und der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung wahrgenommen. Diese grundlegenden Rechte werden für die Kurden ad acta gelegt.
- Die Liste ist das Haupthindernis für die Einheit der Kurden als eine der größten Migrantengruppen in Europa. Aufgrund der Repressalien und drohender Strafen trauen sich die Kurden nicht, von ihren Kollektivrechten Gebrauch zu machen. Dies wirkt als größtes Hindernis für Integration.
- Aus der Liste resultiert eine Ausgrenzung der kurdischen Gesellschaft und die Annäherung an andere gesellschaftliche Gruppen wird verhindert.
Gegen die durch die Verbots- und Listenpolitik kriminalisierte kurdische Gesellschaft entwickelt sich durch die Bürger der jeweiligen Länder eine Distanz und ein Feindlichkeit. Zudem nährt es den Boden für nationalistische Hetze und Ausländerfeindlichkeit. - Mit Verboten und der Liste verletzen die europäischen Staaten ihr eigenes Recht, allen voran ihre Verfassung, und hebeln diese aus. Aus diesem Grund stellt sich ein Großteil der europäischen Juristen gegen diese Liste. Eine Unterschriftenaktion hierzu finden Sie im Anhang. (Anhang1)
- Eine der wichtigsten Aspekte ist die Verletzung der Demokratie Europas. Die Betonung von Bürger- und Menschenrechten verlieren ihre Glaubwürdigkeit. Dieses Image wurde durch die Schließung von kurdischen TV-Sendern und Zeitungen in Deutschland und Dänemark – Länder, die als Zentrum der Pressefreiheit gelten – zerstört. Die kurdischen Beispiele verdeutlichen die Grenzen und den Gehalt der europäischen Demokratie. Die Vorgehensweise gegen Kurden spiegelt ein Defizit der Demokratien in Europa wieder.
- Die Kurden leben nicht nur in Europa. Sie wirken als neuer bedeutender Faktor im Nahen Osten, im Irak, dem Iran, Syrien und in der Türkei darauf hin, eine politische, demokratisierenden und befriedende Kraft zu sein. Die sich an die Liste anlehnende Herangehensweise Europas mit den Repressalien und der Isolation ist ein ernstes Hindernis für die Wirksamkeit der Kurden in ihren Lebensbereichen/-räumen. Der Bürgerkrieg in Syrien ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Es hat sich in kurzer Zeit gezeigt, dass ein Frieden im Nahen Osten ohne Kurden unmöglich ist und sie sich als demokratische Verbündete anbieten.
Diese grundlegenden Aspekte zeigen zum einen die Auswirkungen dieser Liste und zum anderen, warum ihre Aufhebung zwingend notwendig ist.
UNSERE FORDERUNGEN
- Die PKK und Kongra-Gel müssen aus der EU Terrorliste herausgenommen werden.
- Das nun seit 20 Jahren bestehende Betätigungsverbot gegen die PKK muss mitsamt aller einhergehneden Maßnahmen aufgehoben werden.
Die kurdische Identität muss in Europa, insbesondere in Deutschland, als eigenständige und gleichwertige Identität anerkannt werden. - Die kurdischen politischen Gefangenen müssen freigelassen werden.
Die Ermittlungen und Verfahren gegen kurdische PolitikerInnen müssen eingestellt werden. - Die gesetzeswidrigen Bestrebungen der Geheimdienste, insbesondere kurdische Jugendliche als Spitzel zu akquirieren, müssen beendet werden.
- Der Prozess des Dialogs für eine Lösung der kurdischen Frage muss unterstützt werden.
- Die Pressefreiheit der kurdischen Bevölkerung muss garantiert und die Repressionen gegen Radio- und Fernsehsender sowie Zeitungen müssen gestoppt werden.
- Die von Inter- und Europol ausgestellten Haftbefehle gegen kurdische Politiker und Intellektuelle müssen gelöscht werden.