Türkei – Zur Aufhebung der Immunität der Abgeordneten des türkischen Parlaments ist eine Änderung in der türkischen Verfassung notwendig. Die AKP hat einen Gesetzesentwurf über einen Zusatzparagrafen vorgelegt, der vorübergehend wirksam sein soll. Damit soll die Aufhebung der Immunität all jener Abgeordneten zugelassen werden, gegen die aktuell ein dem entsprechender Antrag der Staatsanwaltschaft dem Parlament vorliegt. In dem Falle der Annahme des Gesetzentwurfes ist dann auch eine Einzelfallprüfung nicht mehr notwendig. Am 17.05.2016 soll die erste Runde in der Abstimmung über das umstrittene Gesetz vor der Kammer des Parlaments stattfinden. Die HDP wird an ihr teilnehmen, obwohl sie selbst den Vorstoß der AKP scharf verurteilt und davon ausgeht, das seine einzige Zielsetzung darin besteht, die HDP aus dem Parlaments auszuschließen. Die zweite und letzte Tour im Abstimmungsverfahren ist für Freitag den 20. Mai vorgesehen. Entgegen allen anderen Gesetzestexten werden Gesetzesvorstöße die Verfassung betreffend mit einer ganz bestimmten Prozedur und in geheimer Wahl beschlossen. In der ersten Tour dürfen höchstens 7 Änderungsanträge gestellt werden. Jeder Änderungsantrag wird einzeln behandelt und abgestimmt. Zwischen erster und zweiter Tour der Abstimmung müssen mindestens 48 Stunden vergangen sein. In der zweiten Tour wird dann über den kompletten Gesetzesantrag und dessen Unterparagrafen abgestimmt.
Damit der Gesetzentwurf als Angenommen gilt benötigt er in der letzten Abstimmung der zweiten Tour 330 Stimmen, liegt er darunter, gilt er als abgelehnt. Hat er zwischen 330 und 367 Stimmen erreicht, wird er dem Präsidenten mit dem Antrag ihn über ein Volksvotum durchzusetzen vorgelegt. Sollte er mehr als 367 Stimmen bekommen, wird er dem Präsidenten zur Unterschrift vorgelegt. Sobald der Präsident seine Zustimmung erteilt hat, wird er dann offiziell veröffentlicht. Zwei Wochen nach offizieller Veröffentlichung tritt er in Kraft.
Die HDP, die den Gesetzesvorstoß der AKP als „Staatsstreich“ definiert, hat zwar lange über die Frage ihrer Teilnahme an der Abstimmung diskutiert, sich dann jedoch dazu entschlossen bei der ersten Tour der Abstimmung anwesend zu sein. Im Vorfeld hatte die HDP bereits in 11 Städten 68 Versammlungen abgehalten, bei denen sie mit der Bevölkerung über den Gesetzesvorstoß diskutierte und Anregungen und Vorschläge dazu entgegen nahm. Dabei waren auch jeweils Abgeordnete der HDP zugegen. Es war geplant, dass auf einer Sitzung die Vorschläge und Anregungen ausgewertet werden. Sie sollen eine wichtige Rolle im weiteren Vorgehen gegenüber dem Gesetzesvorstoß spielen. Es wurde davon ausgegangen, dass die beiden Co-Vorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ, die Sitzung leiten werden und sowohl die Abgeordneten der HDP als auch der Exekutivrat der Partei bei der Versammlung anwesend sein werden.
BestaNûçe, 16.05.2016, ISKU