In der Türkei ist Ausnahmezustand (OHAL) ausgerufen worden. Gestern ist der Nationale Sicherheitsrat (MGK) unter Führung von Staatspräsident Erdoğan zusammen getreten und hat eine dem entsprechende Empfehlung verabschiedet. Auf der anschließenden Ministerratssitzung wurde die Empfehlung des MGK angenommen und verkündet. Der OHAL ist für eine Dauer von drei Monaten vorgesehen. Er gilt in der ganzen Türkei. Die Begrenzung auf drei Monate ist Formal, da die Gesetze eine längere Dauer nicht zulassen. Die Fortsetzung des Ausnahmezustands muss dann jeweils erneut erklärt werden, ist aber möglich. Erdoğan selbst hat den Ausnahmezustand erklärt. Er beruft sich dabei auf Artikel 120 der türkischen Verfassung. Auffällig ist, dass das türkische Parlament selbst nicht dazu befragt wurde. So spricht Erdoğan auch nur davon, dass die Befugnisse der Gouverneure erweitert wurden. Man solle sich jedoch kein Sorgen machen, „Die türkischen Streitkräfte (TSK) stehen unter Befehl der Regierung, sind an einem Punkt, an dem sie mit der Regierung handeln. Ich als Staatspräsident, der vom Volk gewählt wurde, als oberster Kommandant, werde zusammen mit unseren Soldaten den Kampf forstsetzen, die TSK von all diesen Mikroben zu säubern.“ Der Ausnahmezustand gilt ab dem 21. Juni 2016 1.00 Uhr für eine Dauer von 90 Tagen. Zuletzt gab es den Ausnahmezustand in der Türkei nach Aufhebung des von den Putschisten des 12. September 1980 verhängten Notstands. Der Ausnahmezustand in den Jahren 1987 bis 2002 galt damals jedoch nur für die kurdischen Provinzen. Eine erste Reaktion kam von der CHP. Der Fraktionsvorsitzende der CHP Özgür Özel gab seine Empörung darüber zum Ausdruck, dass bei der Entscheidung das Parlament übergangen wurde. In dem Zusammenhang sprach er von einem „zivilen Putsch“. Ob die CHP den Ausnahmezustand verurteilte, ist zurzeit nicht bekannt.
Milliyet, 21.07.2016, ISKU