Pressemitteilung, 29. Juni 2016
Am 28. Juni wurde der in Deutschland lebende kurdische Politiker Hasan Dutar von Dänemark an die deutsche Justiz überstellt und in die JVA Hamburg-Holstenglacis gebracht.
Er war am 8. Juni aufgrund eines europäischen Haftbefehls, der auf einem Haftbefehl des Oberlandesgerichts Hamburg beruhte, in Kopenhagen fest- und in Auslieferungshaft genommen worden. Ausgerechnet an dem Tag, an dem dort ein Prozess endete, in dem Hasan Dutar freigesprochen wurde.
Er und andere kurdische Aktivisten waren beschuldigt worden, Spenden für den damaligen kurdischen Fernsehsender ROJ-TV gesammelt zu haben, dem unterstellt wurde, Propaganda für die PKK verbreitet zu haben. Der Sender verfügte über eine dänische Sendelizenz. Jahrelang hatte die türkische Regierung massiven Druck auf Dänemark ausgeübt, ROJ-TV diese Lizenz zu entziehen. Die dänischen Behörden weigerten sich jedoch, den Forderungen aus der Türkei nachzukommen.
Erst die Nominierung des damaligen dänischen Ministerpräsidenten Fogh Rasmussen zum NATO-Generalsekretär hatte zu einem Verbot von ROJ-TV geführt. Die türkische Regierung hatte ihre Zustimmung zu seiner Ernennung von einem Lizenzentzug abhängig gemacht.
Im Dezember 2012 ist Hasan Dutar auf Ersuchen der dänischen Justiz in Zweibrücken festgenommen und im Februar 2013 nach Dänemark überstellt und dort inhaftiert worden.
Das Hauptverfahren gegen elf kurdische Aktivisten begann am 28. August 2013. Zur Prozessbeobachtung reisten Dutars Verteidiger im September aus Deutschland nach Kopenhagen. Hierbei hatten sie auch die Möglichkeit, Hasan Dutar, der sich als einziger Angeklagter in U-Haft befand, zu besuchen. Sie berichteten von erschreckenden Haftbedingungen, entwürdigenden Durchsuchungsmaßnahmen und mangelnder ärztlicher Versorgung ihres unter gesundheitlichen Problemen leidenden Mandanten.
Ihr Besuch habe noch einmal deutlich gemacht, dass die Behörden im politischen Strafrecht „länderübergreifend von ihren umfangreichen Eingriffsbefugnissen Gebrauch machen“, schrieben die Anwälte in ihrem Bericht.
Sie konnten später erreichen, dass ihr Mandant aus der Haft entlassen wurde unter der Bedingung, dass er alle Verhandlungstermine in Kopenhagen wahrnimmt. Das hat Hasan Dutar 3 Jahre lang getan!
- Auf Ersuchen der deutschen Justiz sind in Auslieferungshaft derzeit noch: Cihan I. und Zeki Eroǧlu in Stockholm, der voraussichtlich in den nächsten Tagen nach Deutschland überstellt wird.
- Vor Staatsschutzsenaten deutscher Oberlandesgerichte laufen derzeit fünf § 129b-Verfahren gegen kurdische Aktivisten.
- Mit Hasan Dutar befinden sich wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland nun 10 Kurden in U- bzw. Strafhaft.
AZADÎ verurteilt die neue Dimension der Kriminalisierung und strafrechtlichen Verfolgung von politisch aktiven Kurdinnen und Kurden und fordert deren Freilassung, die Einstellung aller Verfahren und die Aufhebung des seit 1993 bestehenden PKK-Betätigungsverbots.
Angesichts des Vernichtungskrieges, den der türkische Despot Recep Tayyip Erdoǧan gegen die kurdische Bevölkerung führt, toleriert und unterstützt die Bundesregierung durch ihre Politik diesen verbrecherischen Kurs. Sie muss sich vorwerfen lassen, mitverantwortlich zu sein für Tod, Vertreibung und Zerstörung.
Eine solche Politik braucht Ächtung, Widerstand und Solidarität mit den Betroffenen.
AZADÎ e.V.
Rechtshilfefonds für Kurdinnen
und Kurden in Deutschland, Köln