Den Dialog mit den Kurden beginnen
Die Entwicklungen in der Türkei sind für uns alle besorgniserregend. Vor allem seit den ersten Parlamentswahlen im Juni 2015 herrscht ein ausgeprägter Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Städte werden belagert, Zivilisten wehrlos auf der Straße getötet, 160 Menschen, die sich zu ihrem Schutz in den Kellern der Häuser in den belagerten Städten verschanzt hatten, wurden vor den Augen der Öffentlichkeit bei lebendigem Leib verbrannt. Nun werden die Städte nicht nur vom Boden aus angegriffen, sondern auch aus der Luft bombardiert. In Nord-Kurdistan/Südost-Türkei wird ein Krieg gegen die Menschlichkeit geführt und das ganze vor der Weltöffentlichkeit, die wegschaut. Durch den EU-Deal mit der Türkei ist das Schweigen, Übersehen und Überhören durch den Rest der Welt eine Freikarte für die Türkei, um ihren Vernichtungskrieg gegen die Kurden fortzusetzen. In den türkischen Metropolen ist eine Welle von Repressionen im Gange, die von Verhaftungen von Journalisten und Akademikern über Beschlagnahmungen und Verboten von Fernsehsendern bis hin zu pogromähnliche Angriffen gegen alle reicht, die nicht in das menschenverachtende Weltbild von Erdogan und der AKP passen. Die Immunitätsaufhebung der Abgeordneten der HDP/Demokratische Partei der Völker ist ein erneuter Versuch von Erdogan die Kritiker seiner Machenschaften mundtot zu machen und aus dem Weg zu räumen.
Die Kurden sind inzwischen ein stabilisierender Machtfaktor im Nahen und Mittleren Osten. Sie kämpfen erfolgreich gegen den IS-Terror. Dennoch werden politisch aktive KurdInnen auch in Deutschland weiter diskriminiert und kriminalisiert. Sie müssen auch hierzulande immer wieder mit hohen Geld- und Haftstrafen rechnen.
Die Kriminalisierung von KurdInnen in Deutschland wird auch ganz aktuell weiter fortgesetzt. Durchsuchungen von Privatwohnungen, Vereinen, Beschlagnahmungen und Inhaftierungen waren und sind immer wieder an der Tagesordnung. Dasselbe gilt für die geheimdienstliche Ausforschung und Infiltration kurdischer Vereine durch Staats- und Verfassungsschutz. Allein am 15. Juni 2016 wurden in Nordrhein-Westfalen mehr als 30 Wohnungen von KurdInnen durchsucht.
Nun stehen erneut KurdInnen und ihre Gemeinden, Organisationen, etc. im Fokus der deutschen Behörden und sind somit auch einer erneuten und verschärften Stigmatisierung ausgesetzt. Diese Pauschalisierung sowie Vorgehensweise der Behörden sind inakzeptabel. Wir verurteilen diese anhaltenden Repressionen in aller Deutlichkeit und fordern eine sofortige Unterlassung dieser Politik.
Die EU und vor allem Deutschland können eine konstruktive Rolle im Sinne der Beendigung des derzeitigen Vernichtungskrieges der AKP gegen die Kurdinnen und Kurden spielen. Sie müssten hierzu ihren Einfluss geltend machen, um die Diktatur von Erdogan zu verhindern und sich für eine friedliche Lösung der kurdischen Frage einsetzen. Das Schweigen der EU und Deutschlands führt nur zu noch mehr Vernichtung der kurdischen Regionen, zu mehr Leid und Elend und vor allem zu mehr toten Menschen. Das Ergebnis und die Reaktion dieser Tatsachen werden in den nächsten Wochen und Monaten zu mehr Flucht der Menschen aus der Türkei und somit zu neuen Herausforderungen für die EU und Deutschland führen.
Wenn Deutschland einen Beitrag zu einer friedlichen Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten und damit zur Beseitigung von Fluchtursachen leisten will, muss die Bundesregierung politische Initiativen ergreifen und in einen offenen Dialog mit den KurdInnen und ihren Organisationen eintreten.
Juni 2016
weiterführende Informationen: www.civaka-azad.org – www.isku.org
NAV-DEM
Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e. V.
Navenda Civaka Demokratîk ya Kurdên li Almanyayê
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