Pressemitteilung von Nav-Dem und der YXK- Verband der Studierenden aus Kurdistan zum World Kobanê Day 01. November 2015
Um dem mutigen Kampf der Frauen und Männer in Kobanê zu gedenken, gingen heute in allen Städten der BRD, Europas und der Welt tausende Menschen auf die Straße. Weltweit zählten wir über 400 Aktionen. „Die Menschen aus Kobanê und Rojava haben die Hoffnung, dass diejenigen, mit denen sie dieselben Werte teilen – Werte wie Frieden und Gerechtigkeit – sie mit all ihrer Kraft gegen den Terrorismus und beim Wiederaufbau von Kobanê unterstützen, und dass sie mit legitimen Mitteln den Druck auf die Türkei erhöhen, um einen humanitären Korridor zu öffnen.“ heißt es im Aufruf zum internationalen Solidaritätstag mit Kobanê, der vom Exekutivrat von Kobanê am 27.10.2015 veröffentlicht wurde.
143 Tage dauerte der Kampf um Kobanê, nun ist die Stadt befreit vom IS (Islamischer Staat), doch sie liegt zu mehr als 70 % in Trümmern und der Wiederaufbau wird durch die Türkei massiv erschwert, die weder Hilfsgüter noch Baumaterialien oder Geräte über die Grenze lässt. Schon das war ein direkter Angriff auf die Demokratie in Rojava, dem in der letzten Woche auch noch gezielte Beschüsse durch die türkische Armee folgten, wie Erdogan und Davutoglu bestätigten.
Doch es war nicht nur ein Angriff auf Rojava, es war ein Angriff auf uns alle. Denn Rojava ist ein „kommunaler Zusammenschluss der Vielfalt“, in dem Kurd*innen, Araber*innen, Syrier*innen, Assyrer*innen und andere Volksgruppen der Region gleichberechtigt zusammenwirken. Damit wird versucht, den von Abdullah Öcalan entwickelten ‚demokratischen Konföderalismus‘ als Modell für die Demokratisierung des gesamten Nahen und Mittleren Ostens zu etablieren.
Sie redet von Demokratie, doch sie unterstützt die Diktatur
Merkel spricht immer wieder von Demokratie und der Westen rechtfertigt damit ein ums andere Mal seine Interventionen, doch wer Erdogan unterstützt und die PKK nicht von der Terrorliste streicht, kann scheinheiliger nicht sein. Es wurde ein Kuhhandel zu Lasten der Emanzipation eingegangen, um die Geflüchteten abzuwehren, deren Flucht nach Europa man selbst verursacht hat.
Der Druck auf die Türkei muss erhöht werden
Und das geht nicht mit der aktuellen Politik der EU, die den Fortschrittsbericht zur Türkei zurückhält, um Erdogan nicht zu schaden. Wo keine öffentliche Kritik kommt, wenn oppositionelle Sender gestürmt werden.
Denn es geht Erdogan nicht um eine demokratische Wahl, es geht ihm um die absolute Mehrheit, koste es was es wolle. Es geht den westlichen Regierungen nicht um Demokratie, jedenfalls nicht um Demokratie in unserem Sinne. Denn Demokratie kann nur wirklich funktionieren, wenn sie die Selbstverwaltung der Menschen wie in Rojava ermöglicht. Wenn die Entscheidungen von den betroffenen Menschen selbst auf der Grundlage demokratischer Auseinandersetzung miteinander gefällt werden. Doch das alles will die Türkei vernichten, denn sie spürt die gesellschaftlichen Kräfte, die durch die schon über 40 Jahre dauernden Demokratisierungspolitik der PKK freigesetzt wurden. Auch die Menschen in der Türkei haben zunehmend den Wunsch nach Basisdemokratie und viele Frauen fordern ihre aktive Beteiligung an diesen Entwicklungen. Das bedeutet nicht nur, auch arbeiten zu können oder zu wählen, sondern in allen Bereichen vertreten zu sein und sichgegen patriarchale Gewalt wehren zu können.
Heute gab es Demos und Aktionen in über 25 Städten in Deutschland, unter anderem in Hamburg, Berlin, Dresden,Frankfurt, Bonn und Köln. In Europa unter anderem in Malmö, Stockholm, Wien, Basel, Genf, Marseille, London, Mailand, Bologna, Rom, Brüssel und auch in anderen Teilen der Welt wie z.B. Australien.
Dieser Druck darf nicht nachlassen und muss erhöht werden. Die Türkei darf nicht wie in den 90er Jahren mit ihrer Vernichtungspolitik gegen Kurd*innen und andere Gruppen der Demokratiebewegung unterstützt werden. Und so heißt es auch in der Erklärung des Exekutivrats: „Je größer eure Unterstützung für die Menschen in Rojava und Kobanê ist, desto höher ist die Chance auf Frieden, Gleichberechtigung und Erfolge gegen die Feinde der menschlichen Werte in der Region und darüber hinaus.“
Wir fordern:
– alle demokratischen Kräfte in Deutschland auf, den Druck auf die Türkei zu erhöhen
– die Unterstützung der deutschen Bundesregierung für einen Koridor für Hilfsgüter nach Rojava
– die Freilassung von Abdullah Öcalan, um den Friedensprozess fortzusetzen.
NAV-DEM
Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V.
Web: www.navdem.com
YXK
Verband der Studierenden aus Kurdistan e.V.
Web: www.yxkonline.com