Vor sieben Jahren begann die sogenannte KCK-Operation – 10.000 Personen wurden verhaftet

KCK-OperationTürkei/Nordkurdistan – Sieben Jahre sind seit Beginn der „KCK-Operation“ genannten Verhaftungswelle gegen oppositionelle Kurden und Kurdinnen vergangen. Die „KCK-Operation“ genannte Verhaftungswelle begann nur einen Tag nachdem die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans KCK am 13. April 2009 ihre Waffenruhe bis zum 1. Juli verlängert und in ihrer Deklaration davon gesprochen hatte, dass „zum ersten Mal die Möglichkeit besteht, das Problem in einem Umfeld der Waffenruhe zu lösen“.

Den Befehl zur „KCK-Operation“ gab die Staatsanwaltschaft von Diyarbakir am 14. April. In 15 Landkreisen wurde zeitgleich an mehreren Orten Razzien durchgeführt. In einer ersten Welle wurden 51 Menschen verhaftet, am Ende des Monats weitere 225. Im Mai folgten 116 und im Juni noch einmal 73 Menschen, die im Rahmen der KCK-Operation verhaftet wurden. Am 24. Dezember wurden Hatip Dicle, seiner Zeit Co-Vorsitzender vom Demokratischen Gesellschaftskongress und weitere 80 Politiker und Politikerinnen verhaftet, darunter der Vorsitzende des IHD von Amed (Diyarbakır) Muharrem Erbey und der Bürgermeister von Elih (Batman), Necdet Atalay. 24 von ihnen, darunter auch Hatip Dicle wurden verhaftet. Es sollte 5 Jahre dauern, bis sie ihre Freiheit wieder erlangen sollten. Aber ihren Kampf setzten sie auch in den Jahren im Gefängnis unbeirrbar fort.

Die KCK-Operation begann mit der Verhaftung von Politikern und Vertretern von NGO’s und ergriff wellenförmig alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Politiker*innen, Bürgermeister*innen, Gewerkschafter*innen, Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Frauen, Rechtsanwält*innen. Am Ende der Operation in Jahre 2011 waren etwa 10.000 Menschen unter dem Verdacht der Mitgliedschaft in der KCK verhaftet worden.

Der Hauptprozess gegen die im Rahmen der „KCK-Operation“  Verhaften erfolgte in Amed. Jeder Prozesstag dort endete in einer Krise, hatten sich doch die dort angeklagten Politiker*innen dazu entschlossen, ihre Verteidigung in ihrer Muttersprache – kurdisch – abzugeben. Ihr Beharren auf dem natürlichsten Recht des Menschen – dem Recht in seiner Muttersprache zu sprechen und sich zu verteidigen – führte am Ende zur Verabschiedung eines neuen Gesetzes, dass die Muttersprache in der Verteidigung zu lies.

Nahit Eren, Verteidiger im Hauptverfahren, in dem 191 Menschen, darunter Hatip Dicle angeklagt waren, weist allerdings auch darauf hin, dass dies nicht das einzige Problem war und erklärte, dass allein die Tatsache, dass der Prozess nacheinander vor 3 verschiedenen Gerichten und demententsprechend wechselnden Richtern geführt wurde, ein Skandal war. Nachdem die Gerichte mit Spezieller Befugnis (ÖYM), Nachfolger der berüchtigten DGM, demontiert wurden, und statt ihrer nun Schwere Strafgerichte ihre Aufgabe übernahmen, wurde das Verfahren zuerst an das 2. später an das 6. Schwere Strafgericht überstellt. Im Rahmen des Verfahrens wurden allein Aufgrund der Verteidigung ihrer Mandanten gegen 103 Rechtsanwält*innen Strafanträge gestellt. Zwei davon führten zu Ermittlungsverfahren. Die Anklage beruhte „auf Aussagen geheim gehaltener Zeugen, es gab keinerlei konkrete Beweismittel“.

Für Nahit Eren hat sich in den seit dem zurück liegenden sieben Jahren im Rechtssystem der Türkei nichts geändert. Er sagt: „Leider ist es immer noch so, dass es Gerichtverhandlungen gibt, die in gleicher Manier auf geheim gehaltenen Zeugen, Abhören, abstrakten Begriffen aus der politischen Diskussion oder eben solcher Art von Operationen beruhen.“ Das größte Problem der KCK-Operation sieht er darin, dass letztlich jegliches politisches Engagement auf lokaler Ebene kriminalisiert wurde. Erklärend fügt Nahit Eren hinzu: „Wenn Politiker sich (im Lokalen) engagieren wird das kriminalisiert und so dargestellt, als handele es sich dabei um die Aktivität einer illegalen Organisation.“ Und ergänzt: „Die Gerichte, so wie sie aktuell sind, kriminalisieren die Arbeit der Bürgermeisterein.“

BestaNûçe, 14.04.2016, ISKU

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