Kollektivwirtschaft als Antwort auf den Ausnahmezustand

Bakur/Nordkurdistan – Mit der Zerstörung der Dörfer 1993 schlossen sich die Bewohner*innen des zum Landkreis Licê gehörenden Dorfes Mişif gegen die Angriffe zusammen und wurden zu einem Beispiel für kollektives Leben. Auch die Bombardierungen und Verbote der letzten Zeit konnten sie nicht schrecken, so machen sie alles, vom Hüten des Viehs bis zur Feldarbeit, in Solidarität miteinander.

In den 1990gern, zu einer Zeit als wie heute der türkische Staat glaubte die kurdische Frage ließe sich mit Vernichtung und Zerstörung lösen, lehnten die Bewohner*innen des Dorfes es ab Dorfschützer zu werden, und entwickelten kollektives Lebens verschiedene Arbeitseinheiten. Die Bewohner*innen des Dorfes sind ungehalten gegenüber der in letzter Zeit zunehmenden Bombardierungen. Auch jetzt werden sie ihr Dorf – wie auch in den 1990er Jahren – nicht freiwillig verlassen, sondern als Antwort auf die stattfindenden Angriffe ihr kollektives Leben entsprechend weiterentwickeln.

Als sich die Bewohner*innen 1993 weigerte Dorfschützer zu werden zusammen, wurde ihr Dorf von staatlichen Kräften zerstört. Nun waren sie gezwungen, den Winter in Amed und Licê zu verbringen. Nach Ende des Winter benachrichtigten sie einander und kehrten in ihr Dorf zurück, wo sie gemeinsam die zerstörten Häuser wieder aufbauten. Obwohl sie daraufhin unzählige Male von Soldaten, die ihr Dorf angriffen, gefoltert und beleidigt wurden, blieben sie. Dann wurde ihnen ein Embargo auferlegt. Es wurde ihnen untersagt, Lebensmittel in ihre Häuser zu bringen. Aber auch das konnte sie nicht dazu bringen ihr Dorf zu verlassen. Dem Hunger begegneten sie, indem sie das bisschen das sie besaßen miteinander teilten. Obwohl der Druck von Seiten des Staates lange Zeit andauerte, fruchtete er nicht. Sie bleiben.

Das Dorf besteht aus zwei Vierteln. Die Menschen des Dorfes handeln nun in allen Bereichen des Lebens gemeinsam. Die Felder werden von ihnen gemeinsam mit dem Traktor bearbeitet. Auch zur Erntezeit wird der Ertrag gemeinsam eingeholt. Als das Dorf noch keine Schule besaß, bauten sie gemeinsam eine, damit die Kinder etwas lernen können. In der Schule gibt es jetzt 18 Schüler*innen und einen Lehrer.

Die Haupteinkunftsquelle des Dorfes ist die Viehwirtschaft. Auch hier haben sie sich die Arbeit aufgeteilt. Abwechselnd bringen sie das Vieh ins Umland zum Weiden. Am Morgen in der Frühe machen sich jeweils 2 Personen mit dem Vieh auf den Weg. Alle im Dorf verbliebenen kümmern sich derweil um die Arbeit auf den Feldern. Wie die Bewohner*innen des Dorfes erklären, wurde das System entwickelt, damit alle anderen sich in Ruhe um die Feldwirtschaft kümmern können.

BestaNûçe, 14.05.2016, ISKU

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