Die Provokation an den Hängen des Tendürek

TendürekAls die AKP erkannte, dass ein Frieden in der Türkei auch das Ende ihres Ein-Parteien-Regimes bedeuten würde, wandte sie sich von Frieden ab und gab das Signal zum Krieg.

Am Wendepunkt zwischen beidem stand eine Provokation. Es ist der 11. April 2015. Die Provokation an den Hängen des Tendürek markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte der Türkei. In jenen Tagen herrschte ein Waffenstillstand der PKK und die Bemühungen Abdullah Öcalans um einen Frieden dauerten an. Es gab Gespräche zwischen dem türkischen Staat und Öcalan. Sie waren 2013 aufgenommen worden und führten zur Übereinkunft von Dolmabahce. Das letzte Treffen der Delegation nach Imrali, auch sie Teil der Friedensbemühungen, war am 05. April 2015. Sechs Tage später kam es zur Provokation am Tendürek, einem Berg im Landkreis Giyadîn (Diyadin) der Provinz Agirî (Ağrı).

Für den 11. April 2015 war eine Friedensaktivität der Bauern aus dem Umland geplant, es sollten Bäume auf den Hängen des Tendürek gepflanzt werden. Anlässlich des Geburtstags von Abdullah Öcalan Bäume zu pflanzen, ist zur Tradition bei den Kurden geworden. Diese Aktivität war offiziell und den Behörden bekannt. Doch am Abend zuvor sickerten, trotz des bestehenden Waffenstillstands der PKK, eine Handvoll Soldaten auf Befehl des Gouverneurs von Agirî, einem ehemaligen Sekretär des Innenministers Efkan Ala, auf die Hänge des Tendürek ein. Dem Einsickern dieser Gruppe folgte eine Militäroperation. Es kam zum Gefecht. Die HPG-Kämpfer Serhat Kızılay (Can Feda) und Yıldırım Mat (Delil Dozwan) sowie der ehemalige Kreis Co-Vorsitzende der HDP von Diyadin, Cezmi Budak, wurden ermordet. Cenap İlboğa, Vertreter von MEYADER, wurde schwer verletzt. Auch eine Reihe von Soldaten wurde verletzt.

Danach nahm die Provokation ihren Lauf. Die Volksverteidigungskräfte HPG wurden beschuldigt, das Feuer eröffnet, den Waffenstillstand verletzt und die Friedensbemühungen ad absurdum geführt zu haben. Bilder des Ereignisses, die von der Nachrichtenagentur DIHA veröffentlicht wurden, offenbarten, dass es sich bei dieser Darstellung um eine Manipulation handelte. Ganz im Gegenteil. Die Bevölkerung bemühte sich um das Leben der Soldaten und trug die verletzten Soldaten mit Wolldecken von den Hängen des Berges. Sie bemühten sich gleichermaßen um das Leben der Guerilla-Kämpfer wie auch um das Leben der verletzten türkischen Soldaten, die dort im Stich gelassen worden waren. Eine Erklärung der militärischen Führung (Genel Kurmay), wonach die dort verletzen Soldaten mittels Einsatz von Hubschaubern geborgen worden wären, wurden durch die von DIHA veröffentlichten Bilder ebenfalls der Lüge gestraft. Die Imrali-Delegation war sofort im Anschluss an die Ereignisse vor Ort und stellte fest, dass die Soldaten schon Tage zuvor Vorbereitungen für eine militärische Operation getroffen hatten und dass der Gouverneur von Agirî daran beteiligt gewesen war und somit der herrschende Waffenstillstand von diesen und nicht von der PKK gebrochen worden war. Doch obwohl die Provokation selbst dechiffriert war, änderte es nichts mehr an dem was Folgen sollte. Die Weichen waren gestellt. Mit oder ohne ihr.

Gleich im Anschluss an das Ereignis begannen der türkische Präsident Tayyip Erdoğan und sein Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu (AKP) sich auf die HDP einzuschießen und zu fordern, dass es der HDP bei der am 7. Juli 2015 anstehenden Wahl nicht gelingen solle, die Wahlhürde von 10 % zu knacken.

Der Frieden wurde ad acta gelegt. Was kommen sollte war der Krieg und das Sultanat.

BestaNûçe, 11.04.2016, ISKU

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